Als Lernbegleiter haben Führungskräfte großen Einfluss auf den Lernerfolg

Für den Erfolg von Qualifizierungsmaßnahmen spielen die Vorgesetzten eine zentrale Rolle – davon ist Klaus Zimmermann überzeugt. Der Experte für digitale Transformation in der Aus- und Weiterbildung leitet seit 1998 den Bereich Training and Consulting Deutschland bei Festo Didactic SE. Mit seinem Team hat er in den vergangenen zwei Jahrzehnten zahlreiche Veränderungsprojekte begleitet. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie sich Lernprozesse und -umgebungen optimal gestalten lassen und warum Unternehmen dazu unbedingt auch auf ihre jüngsten Mitarbeiter hören sollten.

Klaus Zimmermann, Leitung Training and Consulting DE, Festo Didactic SE

Klaus Zimmermann, Leitung Training and Consulting DE, Festo Didactic SE / Foto: Festo Didactic SE

WRS: Herr Zimmermann, wie können mittelständische Firmen ihre Belegschaften für die Herausforderungen der Transformation bestmöglich qualifizieren?

Klaus Zimmermann: Bevor sie über konkrete Qualifizierungsmethoden und -tools für ihre Mitarbeiter entscheiden, müssen sie zunächst klären, welchen greifbaren Nutzen ihnen die Digitalisierung überhaupt bietet. Lassen sich dadurch zum Beispiel ihre Produkte attraktiver machen oder ihre Wertschöpfungsprozesse effizienter gestalten? Führen die neuen Technologien zu  Erleichterungen im Arbeitsalltag der Beschäftigten? Oder zu einer besseren Servicequalität? Erst wenn die Firmen mit ihren Mitarbeitern die Vorteile einer Digitalisierungsstrategie erarbeitet haben, können sie gemeinsam mit ihnen in eine digitale Zukunft aufbrechen. Im nächsten Schritt macht es dann Sinn zu überlegen, wie ihre Beschäftigten dafür optimal qualifiziert und weiterentwickelt werden müssen.

Was sollten die Mitarbeiter heutzutage wissen und können, um Transformationsprozesse aktiv zu gestalten?

Erforderliche Kompetenzen lassen sich am einfachsten anhand der jeweiligen Aufgaben festlegen. Wenn sich durch die Digitalisierung Tätigkeiten verändern, neue hinzukommen oder wegfallen, sollten die verantwortlichen Führungskräfte im Tandem mit den HR-Experten analysieren, was ihre Mitarbeiter ganz konkret beherrschen müssen, um die daraus resultierenden Anforderungen zu bewältigen. Schritt für Schritt können so passende  Kompetenzprofile definiert werden. Dabei geht es nicht nur um neues Wissen oder  bestimmte Fertigkeiten. Um unter den veränderten Rahmenbedingungen erfolgreich zu arbeiten, müssen die Mitarbeiter auch Einstellungen und Arbeitsweisen verändern.

Geht der Trend nicht dahin, dass Mitarbeiter immer mehr selbst bestimmen, was und wie sie lernen?

Talente 1_2020: Lernen und Weiterbildung im Arbeitsalltag

Talente 1_2020: Lernen und Weiterbildung im Arbeitsalltag, Bild: Elnur – stock.adobe.com

Selbstverantwortliches Lernen wird zunehmend wichtiger, vor allem für die jüngeren Generationen. In der gegenwärtigen Transformation sind viele Beschäftigten aber noch damit überfordert, wenn sie ihre Weiterentwicklung ganz alleine steuern sollen. Es braucht Führungskräfte und Personalabteilungen, die den Rahmen vorgeben und ihre Mitarbeiter auf dem Weg zu neuen Kompetenzen möglichst individuell begleiten. Wichtig ist zum Beispiel, die Ziele und den Sinn einer Lernmaßnahme  überzeugend zu vermitteln und auch Bedenken ernst zu nehmen – nur so lassen sich auch tief verankerte Glaubenssätze aufbrechen.

Sind die Personalverantwortlichen auf diese Rolle als Lernbegleiter vorbereitet?

Nachhaltige Lernerfolge lassen sich erzielen, wenn die Qualifizierungsmaßnahmen beispielsweise vor- und nachbesprochen werden. Die meisten Vorgesetzten müssen erst lernen, dabei auch den Ideen ihrer Mitarbeiter zu vertrauen und diese in Kooperation mit den Personalabteilungen bei künftigen Maßnahmen zu berücksichtigen. Bei Festo fragen wir unsere Auszubildenden zum Beispiel danach, wie sich Lernprozesse aus ihrer Sicht  optimieren ließen. So erfahren wir sehr viel über die sinnvolle Einbindung neuer Technologien und können unsere Abläufe effizienter gestalten. Führungskräfte müssen heutzutage nicht mehr alles besser wissen – solche Rollenklischees gilt es loszulassen.

Laut der aktuellen Studie „Learning Delphi“ gehören Erklärvideos und Learning Nuggets zu den bedeutendsten Weiterbildungstrends. Sterben Workshops und Seminare in der Zukunft aus?

Talente 1/2020 Titelgrafik, Grafik: WRS // Lernen und Weiterbildung im Arbeitsalltag

Talente 1/2020 Titelgrafik, Grafik: WRS

Zukünftig werden die Mitarbeiter auf adaptiven Lernplattformen multimediale Learning Nuggets vollkommen individuell zusammenstellen können. Doch so weit sind wir noch nicht. Die Bandbreite gängiger Lernformate beginnt bei den klassischen Präsenzveranstaltungen, die nach wie vor 70 Prozent aller Maßnahmen ausmachen, und endet bei den rein digitalen Lernformen wie web-based Trainings oder Lern-Apps, die nicht so gut funktionieren, wie wir das erwartet haben. Die wirksamsten Ansätze kombinieren die Vorteile beider Seiten im sogenannten Blended Learning. Die Praxis macht außerdem sehr gute Erfahrungen mit On-the-Job-Trainings und arbeitsplatznahen Konzepten, die das Lernen in den Arbeitsalltag integrieren.

Wie müssen wir uns das genau vorstellen?

Bei Festo haben wir eine Lernfabrik entwickelt, die mitten in unserer Produktionshalle
angesiedelt ist. Abhängig vom Lernbedarf unserer Mitarbeiter werden dort immer wieder neue, flexible Lernumgebungen aufgebaut, die an die tatsächlichen Arbeitsplätze erinnern.
Methodisch setzen wir auf kurze Lernsequenzen mit sehr engem Praxisbezug und vielen Wiederholungen. Bewährt hat sich außerdem, Führungskräfte aus den Fachbereichen als Trainer zu qualifizieren.

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