In Krisen kommt es darauf an, sich auf die vorhandenen Ressourcen zu fokussieren
Professor Dr. Jutta Heller beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren damit, wie Menschen ihre mentalen Ressourcen ausschöpfen können. Die Resilienz-Expertin unterstützt Firmen und ihre Belegschaften darin, möglichst flexibel mit ungewissen Situationen umzugehen und gleichzeitig eine grundlegende Stabilität zu bewahren. In Zeiten von Corona ist ihre Expertise besonders gefragt. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, was in einer Krisensituation dabei helfen kann, trotz der damit verbundenen Ängste und Sorgen, ins Handeln zu kommen.
WRS: Frau Prof. Dr. Heller, in Zeiten wie diesen gilt Resilienz als wichtige Zukunftskompetenz. Wie erklären Sie Unternehmen, die sich dafür interessieren, was es damit auf sich hat?
Prof. Dr. Jutta Heller: Resilienz hat mehrere Ebenen. Für das Individuum bedeutet sie, innere Prozesse so steuern zu können, dass es möglich wird, in der Außenwelt situationselastisch, also flexibel und der Situation angemessen, zu reagieren. In einer Krise heißt das zum Beispiel, sich nicht auf negative Gefühle zu fokussieren, sondern die Aufmerksamkeit gezielt darauf zu richten, was einen stärkt und stützt. Es geht darum, auch wenn man Angst und Unsicherheit empfindet, notwendige Schritte zu machen. Organisationale Resilienz wiederum beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens, negative Einflüsse abzufedern und sich auch an kritische Veränderungen möglichst schnell und flexibel anzupassen. Kurz gesagt ist Resilienz also eine Strategie, um mit schwierigen Situationen erfolgreich umzugehen.
Ist Resilienz auch für kleinere und mittelständische Firmen (KMU) interessant?
Unabhängig von der Betriebsgröße tun sich die Menschen schwer, mit bedrohlichen Ereignissen und Unsicherheit angemessen umzugehen, wenn sie sich zu sehr auf ihre Ängste und Sorgen konzentrieren. Um eine Krise, wie die gegenwärtige Pandemie, gut zu überstehen, muss man aktuelle Erfahrungen frühzeitig reflektieren und einordnen. Nur so ist es anschließend möglich, angemessen und flexibel darauf zu reagieren. Dafür braucht jedes Unternehmen resiliente Führungskräfte und Mitarbeiter, die innerlich stabil und handlungsfähig sind.
In Fachkreisen wird auch darüber diskutiert, wie sich die Widerstandskraft ganzer Teams beeinflussen lässt. Welche Ebene sollten Firmen in den Mittelpunkt stellen, die neu in das Thema einsteigen wollen?
Meine Haltung ist hier eindeutig: Startet mit dem Individuum. Ich habe sowohl Projekte zur individuellen Resilienz realisiert als auch Konzepte, bei denen größere Einheiten oder die gesamte Organisation im Blickfeld standen. Im zweiten Fall haben die Mitarbeiter oft das Gefühl, dass sie schon wieder gute Ideen entwickeln sollen, wie sich das Unternehmen in einer Veränderungssituation bestmöglich aufstellen kann. Sie fragen dann: Was ist eigentlich mit uns? Ich empfehle deshalb, auf individueller Ebene zu starten, am besten mit den Führungskräften, gegebenenfalls gleichzeitig mit den Mitarbeitern.
In einem zweiten Schritt kann es dann darum gehen, was die Teams brauchen, um situationselastisch reagieren zu können. Erst danach ist es sinnvoll, Strukturen und Prozesse zu hinterfragen, um die Organisation als Ganzes krisenfester zu machen.
Was könnte ganz praktisch ein erster Schritt sein, um die Resilienz in kleineren Betrieben zu stärken?
Ein Unternehmen könnte damit starten, dass sich zunächst die Leitungsebene mithilfe von Büchern oder Webinaren in das Thema einarbeitet. Auch ohne umfassende Resilienzschulung kann eine Führungskraft stärkende Rituale einsetzen, um die Aufmerksamkeit ihrer Mitarbeiter auf vorhandene Ressourcen zu lenken. Beispielsweise kann eine Teambesprechung mit der Frage beginnen: „Was lief letzte Woche besonders gut?“
Als Kickoff für die gesamte Belegschaft bietet sich ein Vortrag oder ein Workshop zur Resilienz an. Die oberste Führung könnte hier miteinbezogen werden, indem sie beispielsweise über eigene Erfahrungen mit Belastungssituationen berichtet.
In die praktische Umsetzung steige ich häufig mit einer Bestandsaufnahme ein, bei der sich die Teilnehmer hinsichtlich zentraler Resilienzfaktoren selbst einschätzen können. Zu allen Aspekten gibt es konkrete Interventionen, mit denen man die persönliche Entwicklung der Menschen unterstützen kann. Hilfreich ist auch ein Blick auf die eigene Biografie, denn jeder hat bereits Krisen gemeistert und kann daraus lernen.
Wer sollte miteinbezogen werden, um Resilienz nachhaltig im Unternehmen zu verankern?
Bei mittelständischen Firmen wird Resilienzförderung am besten bei der Personalentwicklung angesiedelt, denn unter diesem Blickwinkel sind die Geschäftsführer am ehesten bereit, das Thema strategisch zu verankern. Wird ein ganzer Prozess aufgesetzt, braucht es neben der Personalabteilung auch die Führungsebene, den Betriebsrat, das Betriebliche Gesundheitsmanagement und gegebenenfalls andere interne Meinungsmacher. Eine Ergänzung wäre, Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen zu internen Resilienzberatern auszubilden. Diese können dann als Multiplikatoren wirken und Resilienz nachhaltig im Unternehmen verankern.
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