Mit Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz Personalressourcen effizienter managen

Digitalisierung und KI im Personalbereich, Grafik der Talente-Ausgabe 2/2021, Grafik von der WRS

Artikel aus: WRS-Themenheft Talente 2/2021
Digitalisierung und KI im Personalbereich
Grafik: WRS

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) können sich Unternehmen wichtige Wettbewerbsvorteile erarbeiten. Mit ihrer Hilfe lassen sich Prozesse effizienter gestalten, die Qualität von Produkten und Leistungen optimieren oder Beschäftigte von Routinearbeiten entlasten. Im Personalwesen unterstützt intelligente Software dabei, die passenden Mitarbeitenden zu rekrutieren und sie individueller zu betreuen und zu fördern. KI schafft außerdem die Voraussetzungen dafür, smarte Produkte und Dienstleistungen sowie innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln und so die Zukunftschancen der Betriebe nachhaltig zu sichern.

Die Vorteile von KI und Digitalisierung blieben bisher vor allem großen Unternehmen vorbehalten. Kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) fehlt es oft noch an den notwendigen Rahmenbedingungen, um die Potenziale von KI auszuschöpfen. Ein niedriger Digitalisierungsgrad, zu wenige Daten oder Ressourcenprobleme verhindern, dass sie von den Vorteilen der KI-Technologien profitieren.

Insbesondere in den Personalabteilungen wissen die Verantwortlichen oft noch zu wenig darüber, wie sie Künstliche Intelligenz in ihrem Bereich überhaupt einsetzen können. Doch im Rahmen von Pilotprojekten zum Beispiel können Personalverantwortliche in KI-Themen einsteigen und Größennachteile im Verbund mit anderen Betrieben überwinden. Die Schnaithmann Maschinenbau GmbH aus Remshalden geht diesen Weg. Organisiert werden solche Projekte unter anderem vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO oder dem Zentrum für Digitalisierung Region Stuttgart – ZD.BB.

Personalverantwortliche sind sich einig: Digitalisierung und KI haben höchste Relevanz

Laut dem Monitoring-Report Wirtschaft digital hatten 2020 nur acht Prozent der Unternehmen in Baden-Württemberg KI-Technologien im Einsatz. Inzwischen betonen viele Verantwortliche die Notwendigkeit, sich mit Digitalisierung und intelligenten Software-Programmen zu beschäftigen. Dies belegt unter anderem eine 2021 durchgeführte Online-Befragung der Boston Consulting Group unter knapp 5.000 Personalverantwortlichen, die der Einführung und Nutzung digitaler Tools im Personalwesen eine sehr hohe Priorität einräumen. Wer die Fachleute beim Wort nimmt und sich dafür entscheidet, sich näher mit KI zu beschäftigen, ist in der Anfangsphase oft mit einer unüberschaubaren Flut an Informationen konfrontiert. Eine grundlegende Orientierung kann die Klärung wichtiger Begriffe bieten.

Zusammengefasst beschreibt KI den Versuch, menschliches Lernen, Urteilen und Problemlösen in Form von Software-Programmen nachzubauen. KI-Systeme können große Datenmengen (Big Data) sehr schnell lesen, darin Muster erkennen und kategorisieren. Anschließend sind sie imstande, daraus Hypothesen abzuleiten. Sie sind zum Beispiel in der Lage, eingehende Bewerbungen zu analysieren und daraus geeignete Personen für eine Stelle vorzuschlagen. Wichtig ist außerdem, dass intelligente Software-Programme keine fertigen Innovationen darstellen, sondern lernende Systeme sind, die sich bei passenden Rahmenbedingungen kontinuierlich weiterentwickeln.

KI-Technologien bieten in vielfältigen Bereichen Vorteile

Am weitesten verbreitet ist Künstliche Intelligenz bisher in der Produktion, wo sie beispielsweise eine vorausschauende Wartung von Maschinen erlaubt. Auch im Kundenmanagement gibt es vielfältige Chancen. Bei jeder Interaktion mit dem Unternehmen hinterlassen die Kund*innen Daten, die durch ein KI-System ausgewertet werden können. Dadurch wird es möglich, ihre Bedürfnisse besser zu verstehen und Angebote individuell anzupassen.

Im Personalwesen unterstützt sie bisher fast ausschließlich die Personalverantwortlichen großer Unternehmen dabei, eine optimale Betreuung der Bewerbenden zu gewährleisten oder Befragungen der Mitarbeitenden auszuwerten und daraus beispielsweise Empfehlungen zur Verringerung der Fluktuation abzuleiten. Solche Anwendungsfälle können auch in kleineren Betrieben gut umgesetzt werden. Grundsätzlich gilt: Überall, wo Daten eine Rolle spielen, lohnt es sich, zu prüfen, ob der Einsatz von KI einen Mehrwert schafft.

Prozesse als Ansatzpunkt für das erste KI-Projekt

Porträt Dr. Anne-Sophie Tombeil, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO

Dr. Anne-Sophie Tombeil, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO
Foto: © Fraunhofer IAO

Während große Unternehmen oft ihre eigenen KI- und Datenexpert*innen (Data Scientists) haben, laufen KI-Aktivitäten bei KMU in der Regel zusätzlich zum Tagesgeschäft ab. Um vielbeschäftigten Personalverantwortlichen den Einstieg in die neuen Technologien zu erleichtern, ist es deshalb umso wichtiger, den passenden Anwendungsfall für den Einstieg in ein KI-Projekt zu finden.

„Eine systematische Analyse der Arbeitsprozesse und Tätigkeiten liefert wichtige Anhaltspunkte dafür, wo KI-Technologien die HR Professionals sinnvoll bei den täglichen Aufgaben unterstützen oder ermüdende Routinejobs auch ganz übernehmen könnten. Es geht dabei nicht um ein Entweder-oder von Mensch und Maschine, sondern um eine neue Form von Arbeitsteilung, bei der beide Seiten bestmöglich zusammenarbeiten und voneinander profitieren können.“ Dr. Anne-Sophie Tombeil, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO

Bereit für den Start? Der Reifegrad-Check bewertet den Ist-Zustand

Bevor der endgültige Startschuss für ein KI-Projekt fällt, ist eine Bestandsaufnahme sinnvoll. Mit einer sogenannten Artificial-Intelligence-Readiness-(AIR-)Analyse lässt sich ermitteln, ob grundlegende Voraussetzungen für den Einsatz von intelligenten Systemen gegeben sind. Diese fragt zum Beispiel ab, inwieweit sich ein Unternehmen bereits mit KI und einem professionellen Datenmanagement beschäftigt hat. Das Zentrum für Digitalisierung Region Stuttgart – ZD.BB stellt im Rahmen des KI-Lab Region Stuttgart ein kostenloses Tool für eine solche Ersteinschätzung zur Verfügung.

Porträt Dr. Claus Hoffmann, Zentrum für Digitalisierung Region Stuttgart ZD.BB

Dr. Claus Hoffmann, Zentrum für Digitalisierung Region Stuttgart ZD.BB
Foto: © ZD.BB GmbH, Fotograf: Steffen Schanz

„Nicht selten führt die Beschäftigung mit Künstlicher Intelligenz dazu, dass Firmen ihren Nachholbedarf in der Digitalisierung erkennen. Denn viele haben ihre Prozesse noch nicht ausreichend digitalisiert, um notwendige Daten generieren zu können. In solchen Fällen geht es dann zuallererst darum, ein Bewusstsein für die strategische Relevanz von digitalen Services und Daten zu schaffen und die Personalverantwortlichen dafür zu sensibilisieren, wo sie in ihrem Arbeitsalltag überhaupt mit Daten in Berührung kommen und wie sie diese effektiv nutzen können.“ Dr. Claus Hoffmann, Zentrum für Digitalisierung Region Stuttgart ZD.BB

Ein durchdachtes Vorgehen ist maßgeblich für den Erfolg

Um ganz praktisch in die Projektarbeit einzusteigen, bietet der sogenannte CRISP-DM-Standard einen guten Orientierungsrahmen. Er steht für „Cross Industry Standard Process for Data Mining“ und beschreibt ein branchenübergreifendes Standardmodell, das Datenprojekte in sechs wichtige Phasen unterteilt. Auch das Fraunhofer-Institut IAO orientiert sich bei seiner Arbeit an diesem Modell.

Grafik CRISP-DM: Projektmanagement in sechs Phasen

CRISP-DM: branchenübergreifendes Standardmodell, das Datenprojekte in sechs Phasen unterteilt
Grafik: WRS

Der wesentliche Ausgangspunkt jedes erfolgreichen KI-Konzepts liegt demnach darin, eine präzise und praxisrelevante Aufgabenstellung zu beschreiben. Im Projekt mit Schnaithmann geht es beispielsweise darum, die Bewertung von Weiterbildungsmaßnahmen zu optimieren. Ein zweiter Schritt besteht darin, zu überprüfen, ob die dafür notwendigen Daten in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung stehen. Danach können die finalen Datensätze für den konkreten Zweck aufbereitet und bereinigt werden. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, um vorhandene intelligente Softwareprogramme einzusetzen oder einen Prototyp zu entwickeln und mit den entsprechenden Daten zu trainieren.

In einem weiteren Schritt wird bewertet, ob das KI-Programm tatsächlich den definierten Zweck erfüllt und zum Beispiel die Teilnehmenden des IAO-Pilotprojekts wirkungsvoll dabei unterstützt, ihre Personalentwicklung effizienter zu gestalten. Zum Abschluss ist es wichtig, die gewonnenen Erkenntnisse systematisch zu dokumentieren und eine Strategie zu entwickeln, wie das entwickelte Modell in den Firmenalltag integriert werden kann.

Das Personalwesen – ein Schlüssel zum Erfolg

Wenn Arbeitsprozesse digitalisiert werden, geht es immer um die Mitarbeitenden in den Unternehmen. Damit aus Pilotprojekten erfolgreiche Lösungen werden, müssen diese frühzeitig miteinbezogen werden. Auch das Management sollte für den strategischen Nutzen sensibilisiert werden, sonst bleiben die KI-Projekte Insellösungen, die keine nachhaltige Wirkung zeigen. Menschen benötigen im Umgang mit intelligenten Maschinen und Informationssystemen neue Kompetenzen. Diese lassen sich nicht von heute auf morgen abrufen und müssen im Unternehmen systematisch geschult werden. Nicht nur bei Digitalisierungsbestrebungen im HR-Bereich, sondern auch in allen anderen Bereichen im Unternehmen übernehmen die Personalverantwortlichen eine zentrale Aufgabe, um eine langfristige Erfolgsgeschichte zu schreiben.


Laden Sie die komplette Ausgabe 2/2021 des WRS-Themenhefts „Talente” zu Digitalisierung und KI im Personalbereich hier als PDF herunter.

Fehler: Could not authenticate you.