Transparenz statt schöner Worte
Michael Haufler wirbt regelmäßig um neue Fachkräfte für sein Unternehmen. Das Kommunikationskonzept dafür lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Setze auf persönliche Ansprache und Transparenz. Auch im Umgang mit seinen aktuellen Mitarbeitern macht der Geschäftsführer des Digitalisierungsdienstleisters damit beste Erfahrungen.
Wenn er die Geschichte von Scireum erzählt, startet Michael Haufler meist im Jahr 2008. Er ist damals 26 und arbeitet noch bei der Ludwigsburger Gbr. Lotter KG. Mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder diskutiert er in dieser Phase immer wieder darüber, wie man den Großhändler und ähnliche Betriebe dabei unterstützen könnte, ihre riesigen Datenmengen besser zu managen. Andreas Haufler steht damals kurz vor dem Abschluss seines Informatikstudiums. Er beginnt zu untersuchen, wie eine geeignete Softwarelösung aussehen könnte. Irgendwann haben die beiden Brüder das Gerüst für eine Datenbank zusammen. Sie sind sich sicher: Damit können viele Großhändler etwas anfangen. Michael Haufler kündigt seinen Job und die Haufler-Brüder bewerben sich um ein Gründerstipendium.
Zu Beginn ihrer Selbstständigkeit geht es vor allem darum, Kataloge als PDF-Dateien in eine Datenbank einzupflegen. Schritt für Schritt entwickeln die jungen Männer ihre Ideen weiter und erschaffen die digitale Plattform Oxomi. Auf ihr können riesige Mengen an Marketing- und Produktinformationen recherchiert und strukturiert dargestellt werden. Nach knapp einem Jahr stellen die Gründer den ersten Entwickler ein. Kurz danach folgt ein guter Freund, der gerade sein Kommunikationsstudium beendet hat. Dieser wird in den kommenden sechs Jahren maßgeblich beeinflussen, wie das Unternehmen nach innen und außen kommuniziert.
Gute Leistung abzuliefern und authentisch zu sein ist den Jungunternehmern von Anfang an äußerst wichtig. Nach und nach überzeugen sie so immer mehr Großhändler von ihrer Software. Von 2012 bis 2015 steigt der Umsatz um fast 250 Prozent. 2016 beschäftigt der Digitalisierungsdienstleister aus Remshalden 24 Mitarbeiter und gehört zu den am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen in Deutschland. Mit jedem neuen Auftrag ist die Frage verbunden, ob die personellen Ressourcen ausreichen. Die Rekrutierung von weiteren Experten ist nicht einfach, denn die beiden Chefs stellen hohe Qualitätsanforderungen. Gleichzeitig konkurriert die Softwareschmiede mit vielen erfolgreichen Technologieunternehmen in der Region.
Sie entscheiden sich dafür, ihre Personalkommunikation strategisch anzugehen. Scireum soll offline und online sichtbarer werden. Dazu wollen sie das Unternehmen so darstellen, wie es ist und nichts versprechen, was sie nicht halten können. Was bisher ein externer Dienstleister übernommen hatte, ist von nun an Chefsache. Michael Haufler geht an Gymnasien und Hochschulen, engagiert sich in der Startup-Szene und präsentiert das Unternehmen in zahlreichen Vorträgen. Es gibt einen Firmenblog, Youtube-Videos und regelmäßige Infos auf Facebook.
„Selbstverständlich wird vieles bei uns digital kommuniziert – das liegt schon in der Natur des Unternehmens. Dazu gehören fachliche Diskussionen genauso wie organisatorische Fragen. Bei aller Technik setzen wir aber nach wie vor auf das persönliche Gespräch und pflegen ganz bewusst eine Kultur der offenen Tür. Letztendlich geht es auch bei der Arbeit immer um eine Beziehung zwischen den Menschen. Und nur im regelmäßigen persönlichen Austausch lässt sich wirklich heraushören, was diese brauchen, um sich wohlzufühlen und ihre Stärken im Sinne von scireum zu entfalten.“
Die üblichen Floskeln bekommt man von ihm nicht zu hören – lieber beschreibt der Unternehmer wie sie bei Scireum arbeiten, gibt Einblick in konkrete Praxisfälle und zeigt Fotos aus dem Firmenalltag. Passende Kandidaten spricht er noch während ihres Studiums persönlich an. Wer Interesse hat, wird nach Remshalden zum Probearbeiten eingeladen. Dort gibt es eine Aufgabe zu lösen, noch mehr geht es aber darum, beim gemeinsamen Pizza essen herauszufinden, ob man zueinander passt.
Auch über den Umgang mit den aktuellen Mitarbeitern machen sich die Unternehmer Gedanken. Die Beschäftigten sollen sich ernst genommen und wertgeschätzt fühlen. Gleichzeitig darf aber auch die Produktivität nicht zu kurz kommen. Einige wichtige Rahmenbedingungen werden verbindlich festgelegt, vieles funktioniert aber nach Versuch und Irrtum. Aktuell testet die Belegschaft beispielsweise, ob die Kommunikation untereinander auch bei sehr flexiblen Arbeitszeiten noch klappt. Darüber hinaus setzen Michael Haufler und sein Bruder auf individuelle Absprachen, die den vielfältigen Persönlichkeiten in ihrem Team genügend Freiraum lassen. So kommt es beispielsweise, dass eine Mitarbeiterin sechs Monate lang in Teilzeit und von Neuseeland aus für das Unternehmen arbeitet. Zweimal im Jahr finden Personalentwicklungsgespräche statt, in denen solche individuellen Wünsche und Ziele der Mitarbeiter besprochen werden.
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vor 20 Tagen