Was es braucht, damit Wandel gelingt

Gegenwärtig beschäftigen sich viele Führungsetagen damit, wie ihre Organisationen agiler werden können. Sich schnell und flexibel an Veränderungen anzupassen, gilt als Voraussetzung, um die Folgen des digitalen Wandels zu bewältigen. Dafür notwendige Strukturen und eine entsprechende Arbeitskultur einzuführen, braucht jedoch Zeit. Und auch nicht alle Bereiche profitieren gleichermaßen von mehr Agilität. Unternehmen sollten deshalb differenziert vorgehen und genau prüfen, ob und in welchen Bereichen sie sich agiler aufstellen wollen.

Schon immer sind Firmen mit Wandel konfrontiert – die Fähigkeit, damit umzugehen, ist eine essenzielle Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg. In den letzten Jahren ist das Thema aber besonders aktuell geworden, denn die Digitalisierung hat nicht nur die Veränderungsgeschwindigkeit rapide erhöht, ihre Auswirkungen sind oft auch sehr tief greifend. Viele halten Agilität für den zentralen Erfolgsfaktor, um wettbewerbsfähig zu bleiben und am Markt zu überleben. Der Begriff Agilität ist allerdings nicht exakt definiert. In der Praxis sind agile Unternehmen durch schlanke, flexible und vernetzte Strukturen charakterisiert, die  sich am Kundennutzen orientieren und frühzeitig auf Marktentwicklungen reagieren. Ihre Beschäftigten arbeiten bereichsübergreifend zusammen und organisieren sich in Teams weitestgehend selbst.

Treiber von Veränderungen können von außen oder von innen kommen

Ob dieses Modell für den eigenen Betrieb oder einzelne Bereiche passt, hängt davon ab, mit welchen Veränderungen man es zu tun hat. Der  Anstoß zum Wandel muss zu zudem nicht zwingend in der Umwelt liegen. Veränderungen innerhalb der Organisation, wie beispielsweise  der zunehmende Wunsch der Belegschaft nach einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, können ebenso dazu führen, dass sich ein Unternehmen anpassen muss.

Bei der Frage, wie grundlegend eine Veränderung sein sollte, hilft die folgende Unterscheidung: Handelt es sich um einen Wandel erster  Ordnung, bei dem sich ein Markt nur teilweise verändert und sich bestehende Technologien, Produkte oder Dienstleistungen fortlaufend weiterentwickeln? Dann können klassische Strukturen durchaus den richtigen Rahmen bieten und es geht vor allem darum, das Bewährte weiter zu verbessern. Oder geht es um disruptive Innovationen, die bestehende Technologien oder Produkte vollständig verdrängen und die Branche vielleicht sogar zu neuen Geschäftsmodellen zwingen? Letzteres wäre ein Wandel zweiter Ordnung, der immer auch bedeutet, dass sich die Erfolgsfaktoren für Unternehmen verändern. In einem solchen Fall muss es sich nicht nur umorganisieren, sondern damit anfangen, ganz neu zu denken, wenn es überleben will. Agile Arbeitsorganisation kann dafür geeignete Anhaltspunkte liefern.

Veränderungsprozesse erfordern ein ganzheitliches Verständnis

Damit die Transformation zur agilen Organisation gelingt, ist es wichtig, mehrdimensional vorzugehen. Sich also nicht nur auf die Schaffung neuer, vernetzter Strukturen und Prozesse zu beschränken, sondern letztendlich die gesamte Unternehmens- und Führungskultur auf den Prüfstand zu stellen. Welche grundlegenden Werte die bisherige Zusammenarbeit eines Betriebes prägen, beeinflusst in hohem Maße, ob das Unternehmen tatsächlich reif ist für mehr Agilität. Denn Organisationsdesign und Arbeitsverständnis der Mitarbeiter müssen zueinander
passen, wenn es funktionieren soll. Es kann deshalb notwendig sein, bei der Belegschaft zunächst eine gemeinsame Grundhaltung zu schaffen, beispielsweise eine Vertrauens- und Transparenzkultur, bevor konkrete Veränderungsprojekte gestartet werden können.

Ob der Change-Prozess zum Erfolg führt, ist nicht nur von den inhaltlichen Veränderungen abhängig. Auch die Art und Weise, wie die Veränderung organisiert wird, spielt eine wichtige Rolle – Geschäftsführung, Führungskräfte und HR sind hier gleichermaßen gefragt. Mitarbeiter wollen informiert und einbezogen werden, sie wollen das Gefühl haben, dass sie mit ihren Bedenken ernst genommen werden und vor allem auch den Sinn einer Veränderung verstehen – nur dann werden sie das Ergebnis als positiv und gerecht beurteilen. Wichtig ist zudem, sie in den neuen, agilen Instrumenten und Tools umfassend zu schulen und ihnen bei Problemen und Konflikten beratend zur Seite zu stehen.

Stabile Kernprozesse sind das Gegengewicht zum Wandel

Doch selbst wenn sehr viel in Schulungen und Trainings investiert wird, gibt es die agile Kultur nicht von heute auf morgen. Das Gelernte muss im Alltag eingeübt, getestet und manches auch wieder verworfen werden. Der Weg zur agilen Organisation ist kein 100-Meter-Lauf, sondern eher ein Gelände-Parcours, der auch mal Pausen, Umwege und vor allem einiges an Ausdauer erfordert. Möglicherweise befindet sich auch nur ein Teil der Mitarbeiter im agilen Trainingslager, weil manche Bereiche gar nicht dafür vorgesehen sind. Sie sind stattdessen dabei, das Kerngeschäft voranzubringen, das als stabiles Gegengewicht zu den agilen Organisationseinheiten eine bedeutende Rolle spielt.

Agilität ist demnach kein Allheilmittel. Sie passt nicht zu jedem Betrieb und ist nicht auf jede Herausforderung die richtige Antwort. Und auch innerhalb einer Firma ist die Notwendigkeit, sich an Veränderungen anzupassen, oft unterschiedlich stark ausgeprägt. In der Praxis gibt es deshalb klassische und agile Strukturen nebeneinander – jedes Unternehmen sollte sorgfältig für sich ausloten, welches Mischungsverhältnis zu seinen Rahmenbedingungen passt.

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