„In kleineren Betrieben ist es ganz selbstverständlich, individuelle Absprachen zu treffen“

Prof. Dr. Jutta Rump

Prof. Dr. Jutta Rump

Prof. Dr. Jutta Rump gehört zu den führenden Köpfen im deutschen Personalwesen. Sie ist Professorin für Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule Ludwigshafen und leitet außerdem das Institut für Beschäftigung und Employability IBE in Ludwigshafen. Dort forscht sie zu aktuellen Trends in der Arbeitswelt und deren Konsequenzen für die Unternehmens- und Personalpolitik. Darüber hinaus berät sie regelmäßig Unternehmen, beispielsweise zu Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben oder dem Konzept einer lebensphasenorientierten Personalpolitik. Wir sprachen mit ihr über die Vorteile und den Nutzen einer Lebensphasenorientierung, insbesondere für mittelständische Firmen.

 

WRS: Frau Prof. Dr. Rump, wie erklären Sie das Konzept der Lebensphasenorientierung einem kleineren Betrieb, der sich erstmals damit auseinandersetzt?

Jutta Rump: Der Ansatz folgt einer einfachen Logik: Arbeitskräfte sind zukünftig durchschnittlich 45 bis 50 Jahre berufstätig. In Zeiten alternder Belegschaften muss ein Unternehmen daran interessiert sein, dass seine Mitarbeiter über ihre gesamte Lebensarbeitszeit hinweg leistungsfähig, motiviert und möglichst gesund bleiben. Dies lässt sich nur erreichen, wenn die beruflichen und privaten Anforderungen möglichst gut miteinander abgestimmt werden. Genau darum geht es bei einer lebensphasenorientierten Personalpolitik.

Was sind die wichtigsten Aspekte einer Lebensphasenorientierung?

Dafür zu sensibilisieren, dass Mitarbeiter auch ein Privatleben haben, in dem sehr vieles passieren kann, was sich auf ihre berufliche Leistung auswirkt. Gleichzeitig bedeutet die Orientierung an Berufs- und Lebensphasen auch einen Weg weg von Pauschalrezepten hin zu möglichst individuell passenden Rahmenbedingungen. Dies ist aber kein Selbstzweck, sondern bringt konkrete ökonomische Vorteile, weil dadurch zum Beispiel die Beschäftigungsfähigkeit der Belegschaften langfristig erhalten wird und auch die Arbeitgeberattraktivität steigt.

Auf den ersten Blick wirkt das dreidimensionale Konzept relativ komplex. Wie können Mittelständler einen praktischen Einstieg in das Thema finden?

Am Anfang steht immer die Analyse des Status quo. Dazu gehört zunächst eine Einschätzung, welche Berufs- und Lebensphasen im jeweiligen Betrieb relevant sind. Viele Firmen starten mit einer 4 x 4-Matrix, die die Bereiche Einstieg, Reife, Führung und Ausstieg beinhaltet und außerdem wichtige Lebenssituationen wie zum Beispiel Elternschaft, Pflege, Ehrenamt und Partnerschaft abbildet. Der nächste Schritt kann eine einfache Liste sein, auf der gesammelt wird, welche personalpolitischen Instrumente im Unternehmen bereits zur Verfügung stehen. Diese werden anschließend den unterschiedlichen Konstellationen zugeordnet, die es im Betrieb gibt. Schon steht das Grundgerüst dafür, um den Mitarbeitern individuelle Angebote machen zu können.

Wie kommt ein Unternehmen möglichst schnell an Informationen darüber, welche Lebenssituationen in der Belegschaft aktuell eine Rolle spielen?

Im jährlichen Mitarbeitergespräch kann der Vorgesetzte konkret danach fragen, wie gut seine Mitarbeiter die beruflichen Anforderungen mit ihrer aktuellen privaten Situation vereinbaren können. Am besten wird der Gesprächsleitfaden entsprechend ergänzt. Hier lässt sich auch klären, was an Unterstützung hilfreich wäre. Damit wird schnell klar, für welche relevanten Konstellationen der Betrieb bereits gut aufgestellt ist und welche Bedürfnisse der Mitarbeiter noch nicht abgedeckt werden können.

Ist das Konzept auch für Betriebe geeignet, die keine eigene Personalabteilung haben?

Gerade kleinere Firmen haben sehr gute Voraussetzungen für eine lebensphasenorientierte Personalpolitik, weil sie ihre Mitarbeiter in der Regel sehr gut kennen. Bei einem eher familiären Betriebsklima ist es oft völlig selbstverständlich, flexibel darauf zu reagieren und individuelle Absprachen zu treffen, wenn sich bei Mitarbeitern private oder berufliche Anforderungen ändern. Nichts anderes wird im Rahmen einer Lebensphasenorientierung gemacht. Es braucht also dafür keine besonderen personellen Ressourcen.

Welche Rolle spielen die Führungskräfte auf dem Weg zu einer lebensphasenorientierten Personalpolitik?

Das Konzept steht und fällt mit der Führungsebene. Die Vorgesetzten brauchen ein offenes Ohr für die Belange der Mitarbeiter und müssen gleichzeitig die betrieblichen Ziele und Rahmenbedingungen im Blick behalten. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die individuellen Lösungen auch verlässlich umgesetzt werden. Dafür brauchen sie wiederum die Rückendeckung der Geschäftsführung. Deren Herausforderung liegt darin, die Führungsebene davon zu überzeugen, dass sich der zwangsläufig höhere Zeit- und Organisationsaufwand auch wirklich lohnt.

Fehler: Could not authenticate you.