„Bewerber wollen den Austausch auf Augenhöhe“

Leipziger Personalforum/Claudia Koslowski

Prof. Peter M. Wald, Foto: Leipziger Personalforum/Claudia Koslowski

Wie können mittelständische Betriebe herausfinden, welche Mitarbeiter zu ihnen passen? Und wie können sie geeignete Personen von ihren Qualitäten als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb überzeugen? Ein Experte für solche Fragen ist Professor Peter M. Wald von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK). Er lehrt und forscht zu aktuellen Entwicklungen im Personalmanagement und interessiert sich besonders für die Auswirkungen der Digitalisierung. Über relevante Personalthemen bloggt er auch regelmäßig in seinem Leipziger HRM-Blog. Im Interview erklärt er, warum Bewerbungsunterlagen weniger wichtig werden und stattdessen der persönliche Kontakt für den nachhaltigen Rekrutierungserfolg eine entscheidende Rolle spielt.

WRS: Herr Professor Wald, beim jährlichen Leipziger HR Innovation Day diskutieren Sie auch die neuesten Entwicklungen im Recruiting. Was empfehlen Sie kleineren Firmen, die heute offene Stellen besetzen möchten?

Professor Peter M. Wald: Sie müssen präsent sein, und zwar genau dort, wo sie ihre Zielgruppen antreffen. Auf der Suche nach Azubis oder Berufseinsteigern sind das natürlich vor allem die sozialen Medien, aber auch Events. Hinzu kommen regionale Printmedien, die sich eher an die Bezugspersonen der jungen Leute, wie Eltern oder Großeltern, richten. Ambulante Pflegekräfte lassen sich möglicherweise mit einer gut gemachten Radiowerbung erreichen. Akademiker mit Berufserfahrung wiederum können gut über die sozialen Plattformen Xing oder Linkedin angesprochen werden. Es ist also zunehmend wichtig, differenziert vorzugehen.

Müssen die Firmen also möglichst viele Kanäle gleichzeitig bearbeiten?

Sie sollten immer zuerst klären, welche Zielgruppe sie im Visier haben. Dann brauchen sie einen Weg, um vom entsprechenden Personenkreis wahrgenommen zu werden und mit Vertretern in einen ersten Kontakt zu kommen. Auf allen möglichen Plattformen ein bisschen was zu machen, macht wenig Sinn. Erfolgversprechender ist, die wirklich passenden Medien zu nutzen und anschließend sehr viel in den Aufbau und die Pflege der Beziehungen mit interessanten Kandidaten zu investieren. Dabei spielt die Candidate Experience, also das Erleben des Bewerbungsprozesses durch die Kandidaten, eine maßgebliche Rolle für den Rekrutierungserfolg.

Was können die Firmen denn konkret tun, um bei ihren Bewerbern einen positiven Eindruck zu hinterlassen?

Gerade bei den jüngeren Zielgruppen sollten sie die Hürde für den Erstkontakt möglichst niedrig halten. Sogenannte One-Klick-Bewerbungen, bei denen sich Interessenten ganz unkompliziert mit ihrem Social-Media-Profil vorstellen können, werden immer wichtiger. Die Bewerber wollen außerdem individuell angesprochen werden – Standardmails sind also tabu. Gerade kleineren Betrieben empfehle ich außerdem, interessante Kandidaten möglichst schnell zu sich einzuladen und für diesen Termin viel Zeit einzuplanen. Wenn sie sich bei diesem ersten Vor-Ort-Termin gut präsentieren, ist das die beste Gelegenheit, das Interesse der potenziellen Auszubildenden oder Mitarbeiter zu verstärken. Ob die jeweiligen Personen auch über notwendige Fähigkeiten für eine Ausbildung oder Stelle verfügen, lässt sich dann im nächsten Schritt überprüfen.

Funktioniert das auch bei Akademikern und erfahrenen Experten?

Unsere Studie über die Erwartungen von Informatikstudenten und IT-Berufsstartern hat zum Beispiel ergeben, dass auch diese den persönlichen Kontakt sehr schätzen. Sie wollen gerne aktiv angesprochen werden, und zwar am liebsten von Mitarbeitern aus den Fachabteilungen. Arbeitgeber, die also zunächst möglichst perfekte Bewerbungsunterlagen sehen wollen und bei Jobmessen lediglich mit klassisch agierenden Personalern auftauchen, haben heute oft das Nachsehen.

Wie lässt sich denn überprüfen, ob jemand wirklich zur Unternehmenskultur passt?

Um die kulturelle Passung, den sogenannten Cultural Fit, zu analysieren, muss sich ein Unternehmen zunächst mit der eigenen Kultur auseinandersetzen und abseits aller Floskeln für sich klären: Was ist uns wirklich wichtig und was möchten wir nach innen und außen darstellen? Daran anschließend gibt es heute viele technische Möglichkeiten, um in den sozialen Medien nach passenden Personen zu suchen. Beispiele dafür sind der Xing Talentmanager oder der Linkedin Recruiter. Betrieben, denen das Budget oder die Überzeugung für solche technischen Lösungen fehlen, verbessern ihr Recruiting aber auch schon dadurch, dass sie nicht nur nach den Fachkenntnissen schauen, sondern in den Vorstellungsgesprächen zum Beispiel danach fragen, wie sich eine Person in verschiedenen berufsrelevanten Situationen verhalten würde.

Wenn selbstlernende Maschinen immer mehr übernehmen, braucht es dann überhaupt noch Personaler in den Betrieben?

Ja, aber ihre Rolle verändert sich. Personalexperten werden immer mehr zu Beziehungsmanagern, die möglichst persönliche Verbindungen zu interessanten Kandidaten und zur eigenen Belegschaft gestalten und pflegen. Ich empfehle den Personalexperten DEMut zu entwickeln – und meine damit Digitalkompetenz, Empathie für die Bedürfnisse der Menschen und Mut, neue Wege zu gehen.

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