Talente-Forum: Future Skilling – Lernstrategien für zukunftsfähige Unternehmen
13.10.2025Beim Talente-Forum der WRS diskutierten rund 40 Personal- und Weiterbildungsverantwortliche mit Expert*innen aus Praxis und Forschung über Future Skills, neue Lernkulturen und kreative Methoden. Im Fokus: Mitarbeitende aktiv mitzunehmen, Lernen neu zu denken und Strukturen zu schaffen, die Entwicklung im Alltag ermöglichen. Workshops, Impulse und Speed-Ideation lieferten konkrete Ansätze, wie Unternehmen ihre Fachkräfte stärken und fit für die Zukunft machen können.
„Unternehmen, Fachkräfte und Mitarbeitende stehen in der heutigen Zeit vor mehreren Herausforderungen, die ihre Zukunftsfähigkeit in Frage stellen. Klimatische Veränderungen, der demografische Wandel und neue Technologien bringen Veränderungen auf den Plan“, stellte Dr. Sabine Stützle, Leiterin des Geschäftsbereichs Fachkräfte der WRS, nach ihrer Begrüßung unmissverständlich fest. Worauf es jetzt ankommt? Mitarbeitende bei diesem Wandel aktiv mitzunehmen sowie innovatives und gleichermaßen kreatives Denken voranzutreiben. „Das gelingt, indem wir Lernen und Weiterbildung völlig neu denken. Wir müssen die notwendigen Prozesse und Rahmenbedingungen schaffen, damit Lernen im Alltag, in der täglichen Praxis, stattfinden kann, Personalentwicklung muss zur strategischen Aufgabe werden.“ Ihre Zuversicht teilten an diesem Tag auch die rund 40 anwesenden Personal- und Weiterbildungsverantwortlichen. Eine Mentimeter-Abfrage ergab, dass der Großteil der Teilnehmenden Future Skilling mit Zuversicht, Kreativität und Zukunftsfähigkeit verbindet.

Auch die drei Expertinnen und Experten, die an diesem Tag ihre Perspektive auf das Thema Lernen teilten, zeigten sich optimistisch und traten mit einem kurzen Pitch und Symbolbild auf die Bühne des „Gutbrod“. Birgit Sliwka, verantwortlich für Lernen und Entwicklung bei dem Leonberger Baudienstleister MÖRK, erklärte anhand eines Triathlon-Bildes, dass es in diesen Zeiten für jede Person wichtig ist, sowohl privat als auch beruflich in verschiedenen Disziplinen in Bewegung zu bleiben.Leonard Sommer, Co-Founder des Festivals Futuromundo, machte deutlich, dass er sich als „Movement Maker“ versteht, der Innovationen voranbringen will, indem er anderen Menschen eine Bühne gibt. Im Hintergrund war er als Kind zusammen mit seinem Bruder zu sehen, die beide ohne Handy und mit viel kreativer Freiheit in einem Künstlerkollektiv in San Remo aufwuchsen. Dr. Stefan Baron, Geschäftsführer der AgenturQ, wählte das Megafon als Motiv: Viele Unternehmen müssten ermutigt werden, Lernkulturen zu etablieren – vor allem in der Metall- und Elektroindustrie.
In einem moderierten Panel gelang es Dr. Sabine Stützle, neben den Persönlichkeiten auch die Standpunkte der Referierenden zum Thema Lernen herauszustellen. Dr. Stefan Baron, der mit seiner Agentur die Future-Skills-Studie 2030 veröffentlicht hatte, betonte die Notwendigkeit von Zahlenanalysen. Erst mithilfe von Daten aus der Vergangenheit sei es möglich, Bedarfe feststellen und darauf aufbauend einen Zukunftsleitfaden für Unternehmen entwickeln zu können: „Rund die Hälfte der Fachkräfte in Unternehmen bildet sich nicht weiter - es ist jedoch wichtig, dass wir sie behalten.“ Die in der Studie identifizierten 39 Zukunftskompetenzen gelten dabei größtenteils für alle Unternehmen. Tarifgebundene können sich kostenlos beraten lassen, die Agentur begleitet sie dann auf der Weiterbildungsreise und schnürt zielgruppenspezifische Schulungspakete.
Birgit Sliwka führte aus, was die Lernkultur bei MÖRK, so besonders macht. Der Baudienstleister, der 2017 mit dem Innovationspreis Weiterbildung der Region Stuttgart geehrt wurde, hat den Handlungsbedarf früh erkannt und bereits 2015 eine Stelle für Lernen und Entwicklung eingerichtet. Heute basiert das dortige Lernkonzept auf Eigeninitiative, Selbststeuerung und Kollaboration. „Es ist wichtig, Lernen nicht vom Inhalt, sondern von der Person aus zu denken“, betonte sie. „Was braucht der einzelne Mitarbeitende, in welchem Bereich möchte er dazulernen?“ Wissen und Austauschmöglichkeiten sind ihrer Meinung nach oft schon im eigenen Unternehmen vorhanden, weshalb es sich lohnt, bei den Kolleginnen und Kollegen nachzuhören und bei PassungLerngruppen aufzubauen. Gleichzeitig stellte sie fest: Weiterbildungs- und Schulungsangebote müssen zeitlich und inhaltlich zum Lernziel passen, um erfolgreich zu sein. Wichtig ist, dies vorab genau zu definieren und eine Veranstaltung nicht unvorbereitet zu besuchen.
Leonard Sommer stellte die beiden Kompetenzen in den Vordergrund, die für ihn am wichtigsten sind: kritisches Denken und Kreativität. Sie seien es, die uns als Menschen ausmachen und die wir stärken und gezielt einsetzen sollten. Diese Fähigkeiten einer künstlichen Intelligenz zu überlassen, sei seiner Ansicht nach grob fahrlässig. „Die KI sollte bestenfalls als Werkzeug im kreativen Umsetzungsprozess eingesetzt werden, da die Entwicklung von originären Ideen und Innovation nicht maschinell erzeugtbar sind“, erläuterte er. Der Mensch sollte sich mit generativer KI die Zeit schaffen, mehr Zeit für kreativen Tätigkeiten zu haben. Kreativ könnten jedoch nur diejenigen Personen sein, die frei von der Angst sind, etwas falsch zu machen, und die sich in einem Umfeld bewegen, das es ihnen erlaubt, ganz sie selbst sein zu dürfen – Strukturen, die bereits in der Schule gegeben sein müssten.

Schritt für Schritt zum Future Skill
Drei aufeinander folgende Workshops gaben den Teilnehmenden des Talente-Forums die Möglichkeit, tiefer in die Experten-Perspektiven einzutauchen und ihre eigenen Fragen und Ideen einzubringen. Stefan Baron machte den Auftakt und ließ die eingangs erwähnte Studie für die Teilnehmenden greifbar werden: „Was sind die 39 wichtigsten Future Skills-Cluster für die hier Anwesenden?“, fragte er. Schnell fiel auf: Fast alle 39 wurden dabei als hochgradig akut und strategisch bedeutsam gewertet. Vor die Entscheidung gestellt, sich für eine der Kompetenzen zu entscheiden, die sie als besonders wichtig erachteten, wählten die Teilnehmenden schließlich den Future Skill Eigeninitiative. Anhand eines Leitfadens, den die AgenturQ auch in der Beratung nutzt, erarbeitete die Gruppe daraufhin einen gemeinsamen Lernpfad. Zugespitzt auf die gewählte Zielgruppe der Fachkräfte bildete dieser zu vermittelnde Inhalte (Selbstreflexion, Stärkung des Selbstbewusstseins etc.), aber auch denkbare Formate (u. a. Mentoring, informeller Austausch im Team) und schließlich konkret zu verfolgende Lernschritte ab.
Lernkompetenz stärken, Wissen aufbauen
Im zweiten Workshop ging Birgit Sliwka im Tandem mit Jan Schönfeld, Partner bei Lernhacks, noch stärker auf die Fragen und Bedürfnisse der Teilnehmenden ein. Jan Schönfeld wies in der Einführung darauf hin, dass Lernen zur Plattitüde geraten ist, obwohl es eine wichtige Schlüsselkompetenz darstellt – Lernen sei der Future Skill, um andere Future Skills zu erlernen. „Die Lernkompetenz muss viel stärker gewertet und agil in der Arbeitsstruktur implementiert werden“, hob er hervor und Birgit Sliwka ergänzte: „Auch die Rahmenbedingungen, um in Unternehmen lernen zu können, müssen gegeben sein. Dazu gehört es, das Verständnis für die Wichtigkeit von stetigem Lernen zu stärken, Ressourcen wie Zeit und Budget zur Verfügung zu stellen und Raum für Austausch und Vernetzung zu schaffen. “ Im Anschluss diskutierten die beiden Lern-Profis mit der Gruppe die dringlichsten Fragen, die auf die Befähigung der Mitarbeitenden zum Neuen Lernen und die Bewahrung von Gelerntem im Unternehmen abzielten. Möglichkeiten zur Befähigung: ein positives Verhältnis zum Lernen aufbauen, Freiräume schaffen, unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten zulassen und eine gemeinsame Lernkultur verinnerlichen. Damit das Wissen auch im Unternehmen bleibt, können sich Mitarbeitende vernetzen oder Inhalte in Mini-Tutorials weitergeben.

Speed Ideation: Innovation in Action
Zum Abschluss des Talente-Forums erhöhte Leonard Sommer nochmal das Tempo der Veranstaltung: Gemeinsam mit der Gruppe setzte er die Kreativmethode „Speed Ideation“ um. Die Idee: Eine große Menge an unterschiedlichen Einfällen in kürzester Zeit und bei jeder Menge Spaß zu generieren. Musikalisch begleitet von AC/DC, Yann Tiersen oder Pharrell Williams hatten die Teilnehmenden zehn Minuten Zeit, sich zu überlegen, wie Zukunftskompetenzen vermittelt und von Führungskräften angestoßen oder aber außerbetriebliche Lernorte geschaffen werden können. Dabei wanderten sie zu verschiedenen Stationen und hielten ihre Ideen auf Post-its fest. Die Ergebnisse machten Lust auf mehr und stellten konkrete Ansatzpunkte dar, um Unternehmen weiterzubringen: darunter waren die Hospitanz in anderen Unternehmen und sozialen Einrichtungen, interne Rollentausche oder Open Houses als Netzwerk- und Weiterbildungsplattform.

Am Ende des Forums zeigten sich die Teilnehmenden hochzufrieden mit den verschiedenen Workshops und Perspektiven. In einer abschließenden Mentimeter-Umfrage waren viele überrascht über die Vielzahl an Impulsen und Erfahrungen, die sie an einem halben Tag dazugewonnen hatten: von dem angenehmen Austausch und den Einblicken in andere Unternehmen über Kreativmethoden und Praxistipps bis zu professioneller Anleitung – gelernt wie!
Fotos: Uli Regenscheit