Die regionale Wirtschaft im Härtetest: Qualifizierung als Schlüssel - Rückblick Q-Guide live
03.06.2025„Die regionale Wirtschaft im Härtetest: Qualifizierung und Weiterbildung als ein Schlüssel“ hieß die Q-Guide live-Veranstaltung am 25. März 2025 bei der IHK Region Stuttgart. Forschung und Praxisbeispiele zeigten: Weiterbildung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für die Zukunft.
Die Veranstaltung Q-Guide live begann mit der Begrüßung durch die Moderatorin Daniela D. König, Regionalbüro für berufliche Fortbildung Stuttgart. Andrea Bosch, Stv. Hauptgeschäftsführerin der IHK Region Stuttgart, stellte in ihrer Einführung den „Härtetest“ für die regionale Wirtschaft heraus. Besonders hervorgehoben wurde die Rolle von Weiterbildung als essenzielle Komponente des wirtschaftlichen Wandels, insbesondere vor dem Hintergrund der digitalen Transformation und deren Bedeutung für Unternehmen. Die Frage, ob Qualifizierung der Schlüssel zur Bewältigung aktueller Herausforderungen sei, stand im Mittelpunkt. Oft leiden Weiterbildungseinrichtungen unter finanziellen Einsparungen, obwohl der Bedarf an Fortbildung steigt. Besondere Aufmerksamkeit galt den Herausforderungen für Unternehmen in der Automotive- und Maschinenbaubranche in der Region Stuttgart. Diese Branchen stehen aufgrund technologischer Umbrüche, neuer regulatorischer Anforderungen und des Fachkräftemangels vor enormen Herausforderungen. Die Transformation dieser Industrien erfordert gezielte Qualifizierungsmaßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.
Lernreise quer durch die Region Stuttgart
Seit vier Jahren besteht der Weiterbildungsverbund Region Stuttgart, so Dr. Sabine Stützle-Leinmüller, Leiterin Geschäftsbereich Fachkräfte der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart. Die Qualifizierungsplattform Q-Guide mit ihren Q-Guide-live-Veranstaltungen war auf ihrer Reise in allen Landkreisen der Region zu Gast. Sie betonte, dass alle Beteiligten sich auf einer Lernreise befinden und sich Offenheit für neue Entwicklungen bewahren sollten. Peter Hofelich, Regionalbeauftragter für Qualifizierung und Weiterbildung, verwies auf eine neue Phase der wirtschaftlichen Entwicklung, die sich in aktuellen Schlagzeilen und Brandbriefen der Industrie widerspiegele. Besonders das produzierende Gewerbe sowie Industrie und Handwerk seien von gravierenden Veränderungen betroffen.
Herausforderungen für die Automobilindustrie – IT-Kenntnisse und soziale Kompetenzen werden immer wichtiger

In ihrer Keynote „Die Qualifikations-Herausforderung – für Gewinner statt Verlierer in der Autoindustrie“ beleuchtete Sylvia Stieler, IMU Institut, die widersprüchliche Situation am Arbeitsmarkt: Einerseits bestehen weitreichende Engpässe an Fachkräften, andererseits befindet sich die Wirtschaft in einem raschen Umbruch. Besonders die Automobilindustrie steht vor großen Herausforderungen. Laut der Strukturstudie von 2023 sind 241.000 Beschäftigte betroffen. Die Frage, welche außerbetrieblichen Weiterbildungsangebote sinnvoll wären, wurde diskutiert, wobei darauf hingewiesen wurde, dass es bereits bestehende Instrumente in der Region gibt.
Claudius Audick, Referatsleiter für berufliche Bildung und Fachkräfte bei der IHK Region Stuttgart, betonte, dass KI- und IT-Kenntnisse mittlerweile als vierte Kulturtechnik neben Lesen, Schreiben und Rechnen gelten. Trotz aktueller Krisen sei Weiterbildung von enormer Bedeutung, insbesondere in Bezug auf soziale Kompetenzen wie Resilienz. Laut der IHK-Weiterbildungsumfrage besteht eine hohe Bereitschaft zur Qualifikation, auch in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Blended Learning und modulare Lerneinheiten wurden als zukunftsträchtige Formate genannt, jedoch stelle die Freistellung der Mitarbeiter eine große Herausforderung dar. Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass KI und IT-Sicherheit zu den wichtigsten Future Skills gehören.
„Laut bitkom hinken viele Unternehmen der digitalen Transformation hinterher, wodurch Marktanteile verloren gehen. Erfolgreiche Weiterbildung verbindet Future Skills mit Soft Skills und setzt auf intrinsische Motivation."
Weiterbildung und Unternehmensentwicklung in der Praxis

Es folgte eine Diskussionsrunde mit Dr. Jürgen Jarosch, etz Elektro Technologie Zentrum, Bildungszentrum für Elektro- und Informationstechnik, Bernd Stengel, verantwortlich für Einkauf und Controlling bei Bosch Power Tools, Standort Murrhardt, sowie Jürgen Voag, Betriebsratsvorsitzender bei Bosch Power Tools, Standort Murrhardt. In der Diskussion wurde der immense Bedarf an Weiterbildung für technische Handwerksberufe betont. Bosch Power Tools in Murrhardt müsse sich neu erfinden. Der demografische Wandel stelle eine Herausforderung dar. Das einheitliche Mindset muss Weiterbildung als lohnende Investition begreifen. Bei einer Arbeitswelt im Wandel mit neuen Tools, Prozessen und technologischen Restrukturierungen bieten sich Chancen, sich durch Flexibilität und Qualifizierung Wettbewerbsvorteile sichern zu können. Leuchtturmprojekte könnten als positive Beispiele dienen. Permanente Anpassungen sind erforderlich. Deshalb brauche es verstärkt Aufstiegsfortbildungen und neue Karrierewege, wie das neue Angebot der Meisterqualifikation in Gebäudesystemintegration zeigt. In einem neu gegründeten Kompetenzcenter am Standort werden in persönlichen Gespräche mit Mitarbeitern deren bestehende Kompetenzen erfasst und Wege aufzeigt, neue Fähigkeiten in das Unternehmen zu integrieren. Die Teilnahme erfolgt freiwillig. Wichtig sei die Kommunikation: Gemeinsam erkläre man den Mitarbeitern, warum Qualifikation sowohl für das Unternehmen als auch für die einzelnen Mitarbeiter persönlich wichtig ist. Ein neues Arbeitszeitmodell am Standort ermögliche flexible Arbeitszeiten. Besonders wichtig sei es, dass auch die Über-50-Jährigen aktiv eingebunden werden.
Peter Hofelich unterstrich, dass Unternehmens-Loyalität immer eine wichtige Rolle in der Region gespielt habe und auch in Zeiten der Internationalisierung und Diversifizierung gepflegt werden müsse. Interkulturelle Kompetenzen seien zunehmend gefragt. Die Politik sende Signale, dass insbesondere kleinere Zulieferbetriebe unter Druck geraten, wenn sie keine direkten Großabnehmer mehr haben. Weiterbildung bleibe auch unter der nächsten Regierung ein zentraler Faktor.
Austausch und Lernen in lebendigem und professionellem Rahmen
In den anschließenden Elevator Pitches wurden kurz und bündig die konkreten Unterstützungsangebote der Partnerorganisationen des Weiterbildungsverbunds Region Stuttgart (WBV) vorgestellt. Ein begleitender Marktplatz mit Informationsständen der Verbundpartner bot Zeit und Gelegenheit fürs Lernen, Informieren und Netzwerken. Die Marktplatzstände waren aufgestellt nach den Angeboten Beratung (AgenturQ, AKAD University, Zentrum Digitalisierung Region Stuttgart – ZD.BB), Förderangebote (Agentur für Arbeit), Kurse (AKAD University, IHK Region Stuttgart) sowie Netzwerke (Regionalbüros für berufliche Fortbildung, Robert Bosch GmbH, IHK Region Stuttgart). Der Weiterbildungsverbund Region Stuttgart mit seiner Koordinierungsstelle bei der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH präsentierte sich an einem eigenen Stand.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen konnten sich in fünf verschiedenen interaktiven Lernräumen mit unterschiedlichen Aspekten der Weiterbildung im Zeichen der Transformation befassen:
- Lernraum 1: Früher an später denken: Chancen im Wandel
Gastgebende: Agentur für Arbeit Stuttgart, Firma P+K Solutions GmbH & Co. KG - Lernraum 2: Big Data – Austausch zu Qualifizierungskonzepten mit Praxisbeispielen der Robert Bosch GmbH
Gastgeber: Robert Bosch GmbH - Lernraum 3: Gewerkschaftliche Weiterbildungsmentor*innen – Weiterbildung funktioniert nur mit Vertrauen(sleuten)
Gastgeber: IG Metall Region Stuttgart, DGB Region Stuttgart - Lernraum 4: InnoFort – Innovative Fortbildung im Handwerk durch Microcredentials
Gastgebende: Offensive Mittelstand BW, itb e.V. - Lernraum 5: Der STIHL ‚Entwickler-Tisch‘ – Weiterbildungsangebote für unproduktive Zeiten in Unternehmen
Gastgebende: STIHL AG
Im abschließenden Ausblick wurde betont, dass Q-Guide live eine Plattform für Austausch, Zuhören und Lernen bietet und weitere Veranstaltungen in der Region folgen. Mit mehr als 50 Teilnehmern und Teilnehmerinnen und unterschiedlichen Akteuren des Weiterbildungsverbunds war die Veranstaltung ein voller Erfolg und zeigte: Weiterbildung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für die Zukunft.

(Uwe Janßen/WRS)
(Fotos: WRS/Eileen Ammar)