In der Zukunftswerkstatt: Q-Guide Live-Veranstaltung in Esslingen

16.07.2024

„Mit allen, für alle – mit einer passgenauen Weiterbildung zum Erfolg“ hieß die Q-Guide Live-Veranstaltung am 11. Juli 2024. Das gewohnt abwechslungsreiche Programm bot Einblicke in Wissen und Praxis der Personalarbeit. Wie kann betriebliche Weiterbildung in den Unternehmensalltag integriert werden und wie sehen Qualifizierungsstrategien für verschiedene Mitarbeitergruppen aus?

Impulsvorträge, Pitches, der Marktplatz und die Lernräume lieferten den engagierten und aufmerksamen Gästen und Teilnehmenden viel Gesprächsstoff und Austauschmöglichkeiten. Durch die Veranstaltung führte Anna Spechtenhauser, Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH. Veranstaltungsort war die Zukunftswerkstatt 4.0, Autohaus der Zukunft und mit rund 130 Partnern eines der bedeutendsten Netzwerke der Branche. Hier werden innovative Technologien und Anwendungen aus dem Autohaus- und Werkstattbereich gezeigt und Schulungen durchgeführt. Eine ideale Lokation auch für den Q-Guide mit der Zielgruppe Unternehmen aus der Automobil- und Maschinenbaubranche.

In ihrer Begrüßung betonten Dr. Sabine Stützle-Leinmüller (Leiterin Geschäftsbereich Fachkräfte der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart) und Peter Hofelich (Regionalbeauftragter für Qualifizierung und Weiterbildung) einmal mehr die Relevanz von Weiterbildung vor dem Hintergrund der fortdauernden Transformation. Dabei kommt es darauf an, auf unterschiedliche Bedürfnisse einzugehen, Lernen als Aufgabe für die ganze Organisation zu verstehen und so die Transformation zu bewerkstelligen. Der Q-Guide bündelt Partner und Angebote, hilft Zeit und Ressourcen zu sparen und macht die Plattform mit Live-Veranstaltungen in der Region Stuttgart erlebbar.

Impulse aus dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung und dem Management Consulting

Beim Impulsvortrag „Weiterbildung passgenau gestalten. Die Zukunft im Blick haben“ gab Miriam Schöpp, Referentin für Berufliche Bildung im KOFA, Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, Antworten zu relevanten Fragestellungen: Welche Kompetenzen werden in der Zukunft wichtiger? Wie können Betriebe das Thema Qualifizierung planvoll angehen? Welche Lernformen kommen für welche Zielgruppen in Frage? Und welche Möglichkeiten gibt es, sich dabei unterstützen zu lassen? Das KOFA steht KMU mit Informationen und Material rund um die Personalarbeit zur Seite und will damit das Thema Fachkräftesicherung in den Betrieben stärken.

Die Online-Umfrage unter den Teilnehmenden vor Ort zu Beginn des Vortrags startete mit der Motivation, an Weiterbildung teilzunehmen: vor allem um besser auf die Zukunft vorbereitet zu sein und die aktuelle Funktion im Unternehmen besser ausfüllen zu können. Bei der Frage, ob es bereits eine strategische Qualifizierungsplanung im Unternehmen gibt, antworteten die meisten mit Nein oder Teilweise, nur eine Minderheit mit Ja. Ob man noch im erlernten Beruf arbeitet, beantworteten mehr als die Hälfte der Teilnehmenden mit Nein.

„Henry Ford sagte einmal, das Einzige, was schlimmer ist, als seine Mitarbeiter auszubilden und sie gehen zu lassen, ist, sie nicht auszubilden und sie bleiben zu lassen“, so Miriam Schöpp. Die Arbeitgeberattraktivität und Bindung der Mitarbeitenden steigt, wenn Beschäftigte die Chance haben, im Unternehmen zu wachsen, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Mitarbeiterbindung ist mehr als der tägliche Obstkorb und umfasst viele Maßnahmen. Weiterbildungsmöglichkeiten bieten gehört dazu. Die strategische Personalbedarfsplanung muss auf veränderte Kompetenzprofile eingehen. Dazu gehören auch die Future Skills.

Nach den Erkenntnissen der strategischen Personalbedarfsplanung kann der Weiterbildungsbedarf ermittelt werden, basierend auf Unternehmensstrategie, Aufgabenanalyse und Personenanalyse. Verschiedene Maßnahmen und Prozesse helfen, die Motivation für Weiterbildung zu erhöhen und die Lernkultur im Unternehmen zu fördern. Jedes Unternehmen muss für sich herausfinden, welche Weiterbildungsmaßnahmen und Lernformen sinnvoll sind. Über die Hälfte der Unternehmen nutzt beispielsweise interaktive, webbasierte Lernformen, deutlich mehr als noch 2016.

Das KOFA bietet Checklisten an, zum Beispiel „Passgenau weiterbilden“ oder „Wie komme ich zum passenden Weiterbildungsangebot?“. Neue Förderungsangebote zur Qualifizierung von Beschäftigten gibt es seit 1. April 2024. Aktuelle Informationen zur Förderung hält die Bundesagentur für Arbeit bereit.

Der Impulsvortrag „Lernfähigkeit – die neue Kernkompetenz“ von Silke Stubenrauch, Inhaberin von Perspektiv/Wende, Management Consulting Coaching, führte zu Beginn aktuelle Studien zur Relevanz von Weiterbildung für CEOs, Mitarbeitende und Unternehmen an. Viele Unternehmensinvestitionen in Qualifizierungen in den letzten Jahren beziehen sich auf kurzfristige Trends und lassen außer Acht, dass der tägliche Nutzen und Mehrwert in den Blickpunkt rücken muss. Qualifizierung muss eng eingebunden sein in Unternehmensprozesse. Ein Unternehmen sollte zunächst seine Potenziale und Stärken erkennen und zum richtigen Zeitpunkt mobilisieren können. Statt Schwächen im System zu korrigieren, gilt es, sich auf die Weiterentwicklung von Stärken konzentrieren.

Mitarbeitende, die sich darauf fokussieren, was sie am besten können, sind leistungsfähiger, emotional gebundener und engagierter. Wichtig ist es, vorhandenes und neues Wissen miteinander zu verzahnen. Dazu benötigt es kreative Ideen und einen ganzheitlichen Blick, um das vielfältige Bildungsangebot in die eigenen Unternehmensprozesse zu integrieren. Um die Lernfähigkeit einer Organisation erfolgreich zu etablieren, muss Führung die Generationen im Blick haben, Mitarbeitende mobilisieren und eine Fehlerkultur zulassen können.

„Um in die Praxisumsetzung zu kommen, eignen sich zum Beispiel die Einarbeitung mit Buddy-Konzept, Mentoring oder Lunch-and-Learn-Formate“, sagte Silke Stubenrauch. „Stellen sollten einer Inventur unterzogen werden, mit Soll-Ist-Abgleich und Best-Fit-Ansatz. Interne Netzwerke und Multiplikatoren, Train-the-Trainer-Maßnahmen oder Learning Maps tragen dazu bei, Strukturen aufzubrechen und die Organisation anpassungsfähiger zu machen.“ Nicht zuletzt ist es wichtig, Wissen zugänglicher und den Nutzen von Lerntechnologien deutlich zu machen. Das gelingt zum Beispiel durch E-Learning-Programme oder KI-Anwendungen für spielerische Lernformate. Interessenkonflikte bleiben nicht aus, ob durch Homeoffice/Präsenz-Regelungen, Ungleichheit von Mitarbeiter- und Unternehmensinteresse, kurzfristige Shareholder-Value-Gedanken oder starre Entgeltsysteme.

Lernende Organisationen brauchen Menschen, die in Bewegung sind, und das Zusammenspiel von alten und neuen Talenten – das aktuell passende Bild sind die Mannschaften der gerade stattfindenden Fußball-EM. Silke Stubenrauch resümierte: „Was zählt, ist das Spielen nicht nur in, sondern mit der Mannschaft.“

Elevator Pitches und Markstände: schnell im direkten Kontakt

Die anschließenden Elevator Pitches zu konkreten Unterstützungsangeboten der Partnerorganisationen des Weiterbildungsverbunds Region Stuttgart boten eine sportliche Herausforderung der anderen Art. In genau 60 Sekunden konnten die Vertreter und Vertreterinnen der Partnerorganisationen auf der Bühne ihre Aufgaben und Angebote vorstellen – meist mit zeitlicher Punktlandung beim Gongschlag. Auf der Bühne und auf dem Marktplatz mit Ständen für Gespräche, Beratung und Information waren bei diesem Q-Guide Live in Esslingen vertreten:

Marktplatz und parallel stattfindende Lernräume: Lernen, Informieren, Netzwerken

Lernraum 1: Ausländische Fachkräfte qualifizieren – fachlich und sprachlich (AgenturQ & Jobcenter Esslingen & Welcome Service Region Stuttgart)

Fehlende oder zu geringe Deutschkenntnisse sowie unterschiedliche Bildungsabschlüsse und Qualifikationen stellen Hürden bei der Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter*innen dar. Für viele Jobs sind auch Qualifizierungen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse notwendig. Vorgestellt wurden die Leistungen des Welcome Service Region Stuttgart, das Welcome Center Stuttgart und die verschiedenen Wege und Möglichkeiten, Deutsch zu lernen und ausländische Berufsqualifikationen und Bildungsabschlüsse anerkennen zu lassen. Das Jobcenter zeigte die Phasen und Regelungen zur Sprachförderung und Qualifizierung im Rahmen des Job-Turbos auf. Die AgenturQ informierte zur Anerkennung (in)formeller Kompetenzen mit dem kostenlosen, Browser-basierten Online-Tool AiKomPass. Mit diesem Instrument lassen sich Kompetenzen insbesondere für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie sichtbar machen und dokumentieren.

Lernraum 2: Führen an der Basis in Produktion, Lager und Logistik (Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft)

Hier standen die Ergebnisse der im Transformationsnetzwerk CARS 2 0 durchgeführten Befragung zu den Qualifizierungsbedarfen von KMU im Vordergrund. Insbesondere aus dem Beschäftigtenkreis neu ernannte Führungskräfte benötigen über die Basisschulungen hinaus Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeit und gute interne Kommunikationsstrukturen. Teamleiter müssen den Spagat zwischen Mitarbeit im Team und Führungsfunktion meistern lernen. Oft stehen sie unter Druck wegen des globalen Wettbewerbs, in dem sich ihr Unternehmen befindet. Dies hat Zeit- und Kostendruck auch beim Führen an der Basis zur Folge, so Stimmen von Teilnehmenden.  

Lernraum 3: Von Ungelernt zur Fachkraft: Wege der Qualifizierung von An- und Ungelernten (Agentur für Arbeit Göppingen & Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft)

Hier kamen neben dem Austausch mit den Firmenvertretern und -vertreterinnen insbesondere die Förderungen der beruflichen Weiterbildung im Rahmen der Beschäftigtenqualifizierung (BQ) der Agenturen für Arbeit zur Sprache. Eine Teilqualifizierung (TQ) eignet sich als Weiterbildung für an- und unglelernte Erwachsene sehr gut, weil ein Ausbildungsberuf dazu in voneinander abgegrenzte, standardisierte Einheiten gegliedert wird. Alle TQs zusammen decken das jeweilige Berufsbild dann zu 100 Prozent ab.

Lernraum 4: Oft unberücksichtigt, aber doch so wichtig: Qualifizierung älterer Beschäftigter (Wirtschaftsförderung Region Stuttgart & Das Demographie Netzwerk, ddn)

Wie sehen die Perspektiven aus? Was erhöht die Lernmotivation? Diese Fragen stehen am Anfang der Überlegungen um ältere Beschäftigte und ihre Weiterbildung. Rund zwei Drittel der Beschäftigten von 50 bis über 65 Jahre meinen nicht, dass sie in ihrer beruflichen Zukunft noch viele Möglichkeiten erwarten (Studie des ddn). Es gilt, die stereotypen Altersbilder bei Älteren ebenso wie bei Jüngeren aufzubrechen. Die Generation der Baby Boomer nämlich arbeitet effizient, ist erfahren, loyal, optimistisch, sozial aktiv und will neue Kompetenzen erwerben und für sie interessante Aufgaben erfüllen. Einige Stimmen dazu betonten die Schwierigkeiten in der Praxis, Weiterbildungs- und berufliche Perspektiven im Unternehmen zu eröffnen. Denn oft steht das Argument Kosten und Abbau von Arbeitsplätzen bzw. Altersteilzeitregelungen/Abfindungen im Vordergrund. Dabei ist das Erfahrungswissen zu behalten so wichtig, besonders angesichts des Fachkräftemangels. Hinzu kommt neben den Perspektiven die Wertschätzung für ältere Beschäftigte.

Abschied mit Ausblick in die Zukunft des Q-Guide

Bei der Verabschiedung hob Peter Hofelich noch einmal die Vielfalt der Regionen hervor, die sich auch in der Vielfalt der Lokationen der nun zu Ende gegangenen Veranstaltungsreihe Q-Guide Live spiegelte. Er freue sich über die lebendigen Diskussionen vor Ort und die gute sektorale und regionale Durchmischung. Q-Guide ist eine digitale Plattform, die durch das Live-Format lebe. Deshalb sei der Verstetigungsprozess nach Ablauf der offiziellen Förderung durch den Bund so wichtig. Sabine Stützle-Leinmüller betonte ihre Begeisterung für das Projekt des nunmehr vier Jahre aktiven Weiterbildungsverbunds Region Stuttgart und dankte den Unternehmen für die Nutzung der Plattform. Sie freue sich auf die Fortsetzung des Q-Guide als Q-Guide 2.0 im nächsten Jahr.

Weitere Informationen zum Thema „Passgenaue Weiterbildungen für alle“

Zum Schwerpunktthema dieses Q-Guide Live bieten folgende Artikel auf der Q-Guide-Plattform zahlreiche weiterführende Informationen:

Passgenaue Weiterbildungen für alle. Ungenutzte Potenziale: ausländische Fachkräfte, ältere Beschäftigte, Ungelernte und Menschen mit Behinderungen

Fachkräfte aus dem Ausland an Bord holen. Der Blick über den Tellerrand: mit internationalen Arbeitskräften den Personalbedarf decken

Best Ager und Nachwuchskräfte auf dem Arbeitsmarkt. Gen X, Y, Z: So wird man allen Generationen gerecht

Erfolgreicher (Quer-)Einstieg von An- und Ungelernten. Mit ungenutzten Potenzialen gegen den Fachkräftemangel

Mehr Inklusion für Menschen mit Behinderungen. Barrieren überwinden, selbstbestimmt. arbeiten, am Leben teilhaben

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