Als Jochen Schroda und Jens Kenserski 1999 ihre Agentur Pulsmacher gründeten, hatten sie ein klares Ziel vor Augen: eine Arbeit, die Spaß macht, in einer Umgebung, die Spaß macht, mit Menschen, die Spaß machen. Die eigene Firma sahen sie als Mittel, um möglichst viele Erfahrungen zu sammeln und sich anschließend beim richtigen Arbeitgeber zu bewerben. Daraus ist allerdings nichts geworden. Dieses Jahr feiert die Agentur ihr 20-jähriges Bestehen und beschäftigt in ihrem „neo. Office“ in Ludwigsburg zwischenzeitlich 30 Mitarbeiter – alle gleichfalls auf der Suche nach dem guten Arbeitsleben.
Mit ihrem Team und dem dritten Geschäftsführer Thorsten Weh unterstützen die Pulsmacher-Gründer Firmen aus verschiedensten Branchen – es geht bei den Aufträgen immer um Kommunikation, angefangen von der Gestaltung klassischer Printprodukte bis hin zum richtigen Umgang mit künstlicher Intelligenz. Die Kreativschmiede konzipiert Events, entwickelt Konzepte zur Raumgestaltung und berät zur Unternehmenskultur. Oft steht die Frage im Fokus: Wie wollen wir in der Zukunft arbeiten? Dazu können die Kommunikationsexperten einiges aus eigener Erfahrung beitragen – sie haben in einem eineinhalbjährigen Versuch erforscht, wie New Work zu „pulswork“ werden könnte.
Ziel der Expedition: Gute Neue Arbeit
Ort des Geschehens war das Pop-Up- Office in der Ludwigsburger Hoferstraße, wo Jens Kenserski mit seinem Team 2017 einen kompletten Neuanfang gewagt hatte. Was direkt davor und in den eineinhalb Jahren danach passierte, sagt viel über den Geist und die besondere Kultur des Unternehmens aus.
Nach ihrer Gründung waren er und sein Kollege schnell erfolgreich geworden und irgendwann in ein Loft in der Ludwigsburger Weststadt umgezogen. „Viel Weiß, viel Stahl, viel Glas – es waren tolle Räumlichkeiten“, betont er. „Im Nachhinein betrachtet, haben wir uns jedoch der Architektur unterworfen.“ In den Räumen standen die typischen Zwei-Meter-Schreibtische mit Festnetz-Telefonen, Rollcontainern und Regalen dahinter. Es gab Geschäftsführerbüros, die Türen waren meist geschlossen. Projekte, Verantwortlichkeiten und Mitarbeiter waren klar zugeordnet. „Draußen wurde alles immer schneller und wir saßen in unserer Location, wie auf einem bequemen Sofa“, analysiert Kenserski. Irgendwann war klar: Es musste sich etwas ändern, wenn Pulsmacher mit der neuen digitalen Welt mithalten wollte. Sie stellten allerdings schnell fest, dass sie gar nicht wirklich wussten, was sie in Zukunft brauchen würden. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde das Pop-Up-Office geboren: In einer spontanen Aktion zog die Agentur in ein leer stehendes Gebäude mit 80er-Jahre-Charme und startete in ein Experiment, das nicht nur die räumlichen Rahmenbedingungen, sondern auch ihre Arbeitskultur auf den Kopf stellen sollte.
Wo alles sein darf, wird vieles möglich
Sie hatten keinen Plan in der Schublade. Stattdessen begann das Team zu experimentieren – alles durfte gedacht und ausprobiert werden, was die Mitarbeiter mit dem perfekten Arbeitsplatz in Verbindung brachten. Es wurde diskutiert, entworfen, umgebaut, recycelt, manches wieder verworfen – vieles aus ihrem „alten Leben“ entsorgt. Alle drei Monate haben sie umgestaltet – im Fokus immer die Frage: Welche Räume, Möbel, technische Ausstattung und Prozesse sind ideal für uns? „Wir lieben es, radikal zu denken“, beschreibt Kenserski den Geist dieser Phase. Dadurch ist sehr viel positive Energie und Inspiration entstanden, gleichzeitig sind die Pulsmacher auch an Grenzen gekommen. Denn alles passierte zusätzlich zur normalen Arbeit. Zwei Mitarbeiter haben damals gekündigt. Die restlichen haben sich Zug um Zug eine neue Arbeitswelt erobert – sie schufen Möglichkeiten zum freien und flexiblen Arbeiten, mit Multifunktionszonen für Meetings, Vorträge und Partys und einem Nappingroom für die Mittagspausen. Parallel zu den neuen Gegebenheiten hat sich ganz automatisch auch ihre Arbeitsweise verändert.
Das Pop-Up-Office hat so auch viele Kunden inspiriert, die daraufhin ebenfalls Elemente von New Work in ihre Unternehmenswelt integrieren wollten. Die Agentur ist zwischenzeitlich erneut umgezogen und hat die besten Ideen aus ihrer Pop-Up-Phase mitgenommen. Für Jens Kenserski bietet das Thema noch immer Potenzial. Nach wie vor träumt er von der perfekten Arbeitskultur und stellt sich darunter zum Beispiel vor, dass jeder irgendwann genau dann arbeiten kann, wann es für ihn am besten passt. Es geht ihm nicht um Zukunftsvisionen. Vielmehr will er Arbeit in der Gegenwart immer besser gestalten und das schöne Leben nicht auf den Feierabend verschieben.
„Mit dem Pop-Up-Office haben wir unseren Gründergeist wiederentdeckt und gleichzeitig unheimlich viel Neues darüber gelernt, wie wir gutes Arbeiten organisieren können. Dazu gehört für uns auch, regelmäßig Partner, Freunde, Kunden und andere interessante Menschen aus allen Lebensbereichen zu uns einzuladen, um Erfahrungen zu teilen und uns gegenseitig zu beflügeln. Perfekte Gastgeber zu sein, ist ein zentraler Bestandteil unserer DNA.“