People Analytics hilft dabei, Arbeitsbedingungen in der Zukunft noch besser auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter abzustimmen, davon ist Dr. Daniel Mühlbauer überzeugt. Datengestützte Personalarbeit kann nach seiner Erfahrung nicht nur entscheidend zu mehr Engagement und Zufriedenheit der Belegschaften führen, sondern auch zum Geschäftserfolg der Firmen beitragen. Er gilt als leidenschaftlicher Verfechter der intelligenten Datennutzung im HR und wird häufig als Evangelist in Sachen People Analytics bezeichnet. Wir wollten von ihm wissen, wie es auch kleineren Firmen gelingen kann, mit den Instrumenten der digitalen Datenanalyse eine Erfolgsgeschichte zu schreiben.
Talente: Herr Dr. Mühlbauer, KI und People Analytics sind zurzeit in aller Munde. Ist ihr Einsatz auch für KMU sinnvoll, obwohl diese naturgemäß nur über eine begrenzte Datenmenge verfügen?
Dr. Daniel Mühlbauer: Viele analytische Verfahren sind „datenhungrig“. People Analytics macht daher mit mehr Mitarbeitern natürlich auch mehr Sinn. Befragungen sind aber zum Beispiel auch für mittelständische Betriebe ab 250 Mitarbeitern geeignet – sie sind sehr flexibel und binden die Beschäftigten von Anfang an mit ein. Auch Fluktuationsanalysen sind gut möglich, wenn die Fälle über einen längeren Zeitraum dokumentiert wurden. Um die erforderlichen Fallzahlen zu erreichen, kann es sinnvoll sein, mehrere kleine Gruppen (z.B. Teams) zu einer größeren Analyseeinheit zusammenzufassen. So lassen sich auch mit kleineren Datenmengen gewinnbringende Erkenntnisse erzielen.
Selbst in größeren Unternehmen haben Personaler Berührungsängste, statistische Verfahren und digitale Daten als Grundlage für ihre Personalentscheidungen zu nutzen. Wie soll es gelingen, kleinere Firmen für People Analytics zu gewinnen?
Gerade weil bestimmte Analysemethoden für KMU weniger Sinn machen, brauchen die Entscheider Wissen darüber, welche Anwendungen für sie einen Nutzen bieten und zu ihren Rahmenbedingungen passen. Auf dem Markt tummeln sich viele Anbieter, die auch unnütze Anwendungen anbieten. Damit sich schnell Erfolge zeigen, sollten die ersten Gehversuche mit Bedacht gewählt und Kosten und Nutzen gut ausgelotet werden. Nur so lässt sich bei allen Beteiligten eine positive Einstellung gegenüber weiteren Analysen erreichen.
Sie weisen regelmäßig darauf hin, dass es das passende Mindset braucht, um People Analytics erfolgreich anzuwenden. Was meinen Sie damit konkret?
Geschäftsführung, Führungskräfte und Mitarbeiter müssen die Bereitschaft mitbringen, den Daten und Fakten auch Glauben zu schenken. Das fängt damit an, dass transparent gemacht wird, welche Daten zu welchem Zweck analysiert werden. Wichtig ist auch zu verstehen, wie die Daten aufgebaut sind und wie die Analysen funktionieren. Nur dann werden alle Beteiligten die Schlussfolgerungen auch akzeptieren, die sich aus der Datenanalyse ergeben. Es kann durchaus passieren, dass ursprüngliche Hypothesen auf den Kopf gestellt werden. Wenn man beispielsweise davon ausgegangen ist, dass schlechte Führungsarbeit der Hauptgrund für eine hohe Fluktuation sei, und die Ergebnisse deutlich machen, dass es stattdessen an einer zu schlechten Bezahlung liegt.
Auf Ihrer Webseite weisen Sie darauf hin, dass es bestimmte Voraussetzungen braucht, um People Analytics erfolgreich einzusetzen. Welche sind das?
Der Einsatz von KI im Personalmanagement ist ein sensibles Thema und bedeutet eine große Verantwortung für alle Beteiligten. Wir haben deshalb eine Charta entwickelt, in der wir uns zu bestimmten Grundwerten verpflichten und verbindlich zusagen, dass wir mit den uns anvertrauten Daten seriös umgehen. Wir legen Wert auf die Qualitätssicherung durch einen wissenschaftlichen Ansatz sowie auf Eigenständigkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Wichtig ist uns zudem, dass ein Mehrwert für das jeweilige Unternehmen entsteht und Datenschutz, aber auch die Datensicherheit gewährleistet sind. Nicht zuletzt befähigen wir zur Nutzung von People Analytics in unserer Software sowie durch Schulungen und Workshops. Vergleichbare Richtlinien würde ich allen Unternehmen ans Herz legen, die mit Datenanalysen im Personalwesen zu tun haben.
Welche Empfehlung geben Sie Personalern in KMU, die neu ins Thema einsteigen wollen?
Zunächst ist es für alle Personalexperten wichtig, selbstbewusst zu sein und sich klarzumachen, dass sie mit ihren Kompetenzen einen bedeutenden Beitrag für den Erfolg des Unternehmens leisten, der ohne motivierte und engagierte Mitarbeiter nicht möglich wäre. Praktisch geht es dann darum, sich ein gewisses Grundwissen über Künstliche Intelligenz, Daten und Statistik anzueignen, und zu Beginn eine saubere Fragestellung zu formulieren, die auf den Punkt bringt, welches Problem das Unternehmen mit einer Analyse lösen will. Denn nur so kann die Technologie auch effizient und gewinnbringend eingesetzt werden. Die Fragen geben dann auch den Rahmen vor, welche Daten gebraucht werden. Es gilt das Gebot der Datensparsamkeit, deshalb sollte immer der kleinstmögliche Datensatz genommen werden, mit dem sich das jeweilige Anliegen bearbeiten lässt.
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