Fachkräfte Region Stuttgart

Ausländische Fachkräfte bringen ihre Arbeitskraft und neue Ideen in die Region

Grafik Schwerpunkt Ausländische Fachkräfte aus dem Talente Heft Nr. 1/2019

Grafik: WRS/Projektgruppe

Immer öfter müssen vor allem kleinere und mittelständische Firmen in der Region Aufträge ablehnen, weil ihnen das Personal dafür fehlt. Die Suche nach Mitarbeitern ist für sie zu einer strategischen Aufgabe geworden. Ein aussichtsreicher Weg dafür ist die Rekrutierung internationaler Fachkräfte. Viele Arbeitgeber befürchten jedoch einen zu hohen Aufwand und zweifeln daran, ob ausländische Mitarbeiter fachlich und persönlich zu ihnen passen. Solchen Risiken stehen jedoch wertvolle Chancen gegenüber. Denn Fachleute aus dem Ausland sorgen nicht nur für die notwendige Unterstützung, sondern auch für neue Sichtweisen und Lösungsansätze in den Betrieben.

Komplizierte und langwierige Einreisemodalitäten, fehlende Deutschkenntnisse und zu große kulturelle Unterschiede: Das sind die häufigsten Vorbehalte, die Personalverantwortliche davon abhalten, ausländische Mitarbeiter zu rekrutieren. Doch viele Fachkräfte mit ausländischen Wurzeln halten sich bereits in der Region Stuttgart auf.

Wer internationale Mitarbeiter sucht, muss nicht ins Ausland gehen

Dazu gehören zum Beispiel EU-Zuwanderer, die freizügig einreisen können, qualifizierte Kräfte aus sogenannten Drittstaaten, die die Kriterien der Blue Card erfüllen und Ausländer, die an den regionalen Hochschulen studieren. Diese Menschen sprechen oft schon gut Deutsch und sind in der Regel auch mit den Gepflogenheiten hier vertraut. Sie alle bilden ein großes Potenzial, das die regionalen Firmen mit überschaubarem Aufwand für sich erschließen können.

Will ein Arbeitgeber seinen Bewerberpool darüber hinaus noch erweitern, kann er die internationalen Fachkräfte außerdem direkt in ihren Heimatländern anwerben. Als unkomplizierten Einstieg bietet es sich an, offene Stellen im EURES-Netzwerk freischalten zu lassen, damit sie europaweit von Jobsuchenden gelesen werden können. Das gemeinsame Stellenportal der europäischen Arbeitsagenturen ist über den Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit zugänglich.

Zusätzlich können Firmen selbst Stellenanzeigen im Ausland schalten. Die Jobprofile und möglichst auch die Firmen Webseite sollten dann allerdings auf Englisch vorliegen. Die Arbeitgeber müssen dazu auch wissen, in welchen Ländern es überhaupt Arbeitnehmer mit passenden Qualifikationen gibt. Sie benötigen außerdem Know-how über relevante ausländische Medien und die Rahmenbedingungen der jeweiligen Arbeitsmärkte.

Hilfreich sind deshalb Partner vor Ort, die in den verschiedenen Phasen des Recruitingprozesses unterstützen – beispielsweise private Headhunter, die Außenhandelskammern oder ausländische Hochschulen.

Weniger aufwendig ist es, bei einem der Rekrutierungsprojekte mitzumachen, die von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung ZAV, den Kammern, Verbänden oder anderen Trägern organisiert werden. Es gibt sie für unterschiedliche Berufsgruppen, beispielsweise für Ärzte, Ingenieure oder technische Facharbeiter. Teilnehmende Firmen profitieren unter anderem durch eine systematische Vorauswahl mehrerer Bewerber, den Austausch mit anderen Betrieben und eine intensive Betreuung durch die Projektträger.

Bereits beschäftigte Mitarbeiter sind die besten Werbeträger

Ein weiterer vielversprechender Ansatz besteht darin, über bereits im Unternehmen beschäftigte Ausländer weitere Landsleute anzuwerben. Denn die ausländischen Arbeitnehmer verfügen meistens noch über sehr gute Netzwerke in ihre Heimatländer. Internationale Fachkräfte, die auf Empfehlung ihrer ehemaligen Studien- oder Berufskollegen nach Deutschland kommen, fassen meist schneller Fuß als andere, weil sie hier eine Bezugsperson haben. Durch den gemeinsamen Hintergrund der ausländischen Mitarbeiter können die Arbeitgeber zudem die Qualifikationen der Nachzügler leichter einschätzen.

Quelle: WRS

Zu den verschiedenen Rekrutierungswegen bietet der Welcome Service Region Stuttgart (WSRS) eine Erstberatung an und vermittelt zu geeigneten Projekten und den richtigen Ansprechpartnern weiter. Abhängig davon, aus welchem Land die potenziellen Arbeitskräfte kommen, müssen unterschiedliche Voraussetzungen für ihre Beschäftigung erfüllt sein:

Einreiseprozess / Visum

Arbeitnehmer aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EU sowie Island, Norwegen und Liechtenstein) brauchen kein Visum und keine Arbeitserlaubnis. Sie sind freizügig und deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt. Fachkräfte aus Drittstaaten, die sich noch nicht in der Region befinden, brauchen dagegen eine Einreiseerlaubnis, ein sogenanntes „Nationales Visum“, das befristet und zweckgebunden ist. Ein solches Visum zum Zweck der Beschäftigung bzw. Ausbildung dient ausschließlich zur Einreise und ist deshalb vorher bei der deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsland zu beantragen. Für die eigentliche Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung müssen die Fachkräfte nach Ankunft bei der zuständigen Ausländerbehörde einen gesonderten Antrag stellen. Ausnahmeregelungen gelten für Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, Neuseeland und den USA. Sie alle können ohne Visum nach Deutschland kommen und ihre Aufenthaltserlaubnis vor Ort beantragen.

Je nach Qualifikation existieren verschiedene Aufenthaltstitel. Für Fachkräfte mit Hochschulabschluss gibt es unter anderem die Blaue Karte EU (Blue Card). Dafür muss der potenzielle neue Mitarbeiter ein Jahresbruttogehalt von mindestens 53.600 Euro bzw. 41.808 Euro in akademischen Mangelberufen nachweisen (Stand 2019) und einen anerkannten Hochschulabschluss haben. Facharbeiter aus Drittstaaten können aktuell unter der Voraussetzung beschäftigt werden, dass sie in einem Mangelberuf arbeiten und einen anerkannten Berufsabschluss nachweisen können.

Regelungen für den Arbeitsmarktzugang

Bei Fachkräften aus Drittstaaten prüft die Bundesagentur für Arbeit in der Regel die Beschäftigungsbedingungen und in bestimmten Fällen zusätzlich, ob deutsche Arbeitnehmer, Staatsangehörige aus EWR-Ländern, der Schweiz sowie rechtlich gleichgestellte Ausländer für die Stelle zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung). Dieser Prozess wird beschleunigt, wenn der künftige Arbeitgeber bereits vor Beantragung des Visums die Zustimmung der Arbeitsagentur einholt. Für die besonders gefragten Berufsgruppen der Ärzte, IT-, Maschinenbau-, Fahrzeugbau- und Elektroingenieure, aber auch für Fachkräfte in Mangelberufen wurde die Vorrangprüfung bereits abgeschafft. Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll sie grundsätzlich entfallen, um eine Zuwanderung für Personen mit anerkannter Ausbildung in alle Berufe zu erleichtern.

Wer Ausländer aus Drittstaaten einstellt, muss Zeit für Formalitäten investieren und sollte die neuen Mitarbeiter in den ersten Wochen gezielt unterstützen, damit sie sich hier heimisch fühlen. Ein Aufwand, der sich doppelt auszahlt: Denn die ausländischen Fachkräfte bringen nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern einen Fundus an Fähigkeiten und Erfahrungen mit und sorgen so zusätzlich für innovative Impulse und neue Möglichkeiten beispielsweise im Umgang mit neuen Kunden und Märkten.