Die Stuttgarter Daimler AG bietet eine Vielzahl flexibler Arbeitszeitmodelle an, die es unter anderem auch Führungskräften ermöglichen, in Teilzeit zu arbeiten. Ein besonderes Konzept ist das Jobsharing, bei dem sich zwei Führungskräfte eine Leitungsfunktion teilen und beispielsweise beide 30 Stunden in der Woche arbeiten. Realisierbar sind auch jeweils 25- oder 20-Stundenwochen der Tandempartner oder eine 30/15-Aufteilung. Aufgabenteilung und Stundenkontingenten werden von den Sharing-Partnern selbstständig ausgehandelt und mit der direkten Führungskraft abgestimmt.
„Jobsharing bietet zahlreiche Vorteile, die den erhöhten Abstimmungsaufwand zwischen den Sharing-Partnern deutlich überwiegen“, betont die Leiterin für personalpolitische Konzepte und Projekte des Konzerns, Angela Lechner. Beide Jobsharer bringen ihre spezifischen Fähigkeiten, umfassendes Know-how und wichtige Netzwerkkontakte in die Stelle ein und punkten auch mit doppeltem Erfahrungsschatz gegenüber einer Vollzeitbesetzung. Zwei Kräfte auf einer Stelle führen zudem meist zu einer höheren Kundenorientierung, weil dadurch längere Ansprechzeiten möglich werden. Durch Jobsharing bleibt das Know-how von wichtigen Leistungsträgern für Daimler erhalten, auch wenn diese nur in vollzeitnaher Teilzeit zur Verfügung stehen. Und selbst wenn einer der beiden Jobsharer den Bereich oder das Unternehmen verlässt, geht das Wissen nicht verloren.
Oft kommt der Anstoß für das Jobsharing von Vorgesetzten, die eine Führungsposition bevorzugt mit einer bewährten Teilzeitmitarbeiterin besetzen wollen und eine zweite Hälfte suchen. Die Initiative kann aber auch von den Arbeitnehmern selbst oder der Personalabteilung ausgehen. Passende Sharing-Partner lassen sich auf einer betriebsinternen Teilzeitplattform finden. Mittlerweile arbeiten konzernweit 25 Prozent aller Teamleiterinnen in einem solchen Sharing-Konzept. Auf der Abteilungsleiterebene gibt es aktuell sechs Tandempaare, die sich die Führung teilen. Eines dieser Führungsduos bilden Anja Breuninger und Katja Mielke, die gemeinsam das Produkt und Produktionscontrolling der C- und E-Klasse verantworten. Wir sprachen mit ihnen darüber, wie sie sich und ihre Arbeit ganz praktisch organisieren.
WRS: Frau Breuninger, Frau Mielke, wie sind Sie beide zum Jobsharing gekommen?
Anja Breuninger: Als die Stelle der Abteilungsleiterin vakant wurde, sprachen uns die zwei zuständigen Bereichsleiter an. Ich war zu dieser Zeit bereits im Produktcontrolling als Teamleiterin in Teilzeit tätig. Katja kam gerade aus der Elternzeit zurück. Die Idee war, uns gemeinsam zu besetzen, da wir uns gut ergänzen. Von Anfang an stand für uns fest, dass wir eine solche Aufgabe zu diesem Zeitpunkt jeweils nicht alleine übernehmen werden, weil auch Zeit für die Familie bleiben soll.
Katja Mielke: Für mich war das Jobsharing ein absoluter Glücksfall. Das Angebot kam direkt am Ende meiner Elternzeit – ich bin somit unmittelbar aus der Familienphase zur Abteilungsleiterin aufgestiegen. Davor war ich im Nachbarbereich Seriencontrolling tätig. Wir kannten uns bereits durch mehrere Projekte und konnten uns gegenseitig gut einschätzen.
Gemeinsam eine Abteilung mit 60 Mitarbeitern zu führen klingt nach sehr viel Abstimmungs- und Organisationsaufwand. Wie teilen Sie sich die Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf?
KM: Grundsätzlich arbeiten wir beide 30 Stunden in der Woche. Anja ist von Montag bis Mittwoch im Betrieb, ich von Mittwoch bis Freitag. Der Mittwoch ist also unser gemeinsamer Tag, an dem wir zum Beispiel die Abteilungsregelkommunikation mit unseren Teamleitern machen. Unabhängig davon telefonieren wir täglich und besprechen die wichtigsten Themen und Entscheidungen, die anstehen. Und natürlich sind wir auch per E-Mails und SMS im Austausch.
AB: Hinsichtlich der Aufgaben haben wir keine Aufteilung vorgenommen – wir müssen beide über alles Bescheid wissen, sonst würde es auf dieser Stelle nicht funktionieren. Natürlich haben wir auch unsere Schwerpunkte, was aus den unterschiedlichen Aufgabengebieten in der Vergangenheit resultiert: So bin ich beispielsweisebei den Neutypprojekten tiefer in der Materie, Katja ist eher die Spezialistin für die Serie. Grundsätzlich ist eine hohe Flexibilität Voraussetzung, da in der Projektarbeit kurzfristig neue Themen anstehen. Und die letzte Klausurtagung zu strategischen Fragen der Abteilung haben wir bei uns daheim auf der Terrasse abgehalten.
Besteht nicht das Risiko, dass Ihre Mitarbeiter Sie manchmal gegeneinander ausspielen? Wie schaffen Sie es, einen einheitlichen Führungsstil zu entwickeln?
AB: Entscheidend ist, dass das Team merkt: Wir tauschen uns wirklich regelmäßig aus. Bei uns fällt nichts unter den Tisch. Ich genieße es sehr, eine Sparringspartnerin zu haben, mit der ich diskutieren und wichtige Entscheidungen besprechen kann. Wir haben eine ähnliche Wertebasis und deshalb auch ein gemeinsames Führungsverständnis.
KM: Damit es funktioniert, ist gegenseitiges Vertrauen die grundlegende Voraussetzung. Die Chemie muss einfach stimmen. Eine ganz zentrale Rolle spielt es außerdem, dass unsere Vorgesetzten zu hundert Prozent hinter dem Jobsharing stehen.